Gasausbrüche auf dem Mond?
von Rainer Kayser
10. November 2006
Der Mond ist seit drei Milliarden Jahren geologisch tot. So
dachten die Wissenschaftler jedenfalls bislang. Nun aber präsentiert ein Team
amerikanischer Forscher im Fachblatt Nature Beweise dafür, dass es noch
in geologisch jüngster Vergangenheit - vielleicht vor einer Million Jahren -
Gasausbrüche auf dem Erdtrabanten gegeben hat.
Apollo-Bild der Ina-Region: Es sind nur wenig
Einschlagkrater auszumachen. Die Strukturen
erscheinen zudem scharf abgegrenzt und wenig
verwittert (kleines Bild)
Foto:
NASA
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Die Forscher stützen ihre These auf die Analyse von Mondfotos der Apollo-Missionen,
sowie auf Messungen der chemischen Beschaffenheit der Mondoberfläche durch
spätere Mondsonden. Die Ausbrüche könnten ein Indiz dafür sein, dass im Inneren
des Mondes, entgegen bisheriger Annahmen, noch Überreste geschmolzenen Magmas
gibt.
"Wir sind uns darüber im Klaren, dass der Mond vulkanisch tot ist", gesteht
Peter Schultz von der Brown University in Providence ein, "aber trotzdem
kann der Mond ab und an rülpsen, und diese Rülpser können tief aus der Kehle des
Mondes kommen." Gemeinsam mit seinen Kollegen Matthew Staid und Carlé Pieters
hat Schultz eine auffällige, D-förmige Struktur, die so genannte Ina-Region,
einer eingehenden Analyse unterzogen. Das etwa drei Kilometer große Gebiet zeigt
ungewöhnlich scharfe Strukturen, "so etwas kann auf dem Mond nicht lange
bestehen", erklärt Schultz, "es müsste innerhalb von 50 Millionen Jahren
zerstört werden." Denn der Mond hat zwar keine Atmosphäre und damit keine
normalen Verwitterungsprozesse wie auf der Erde. Dafür nagen jedoch beständig
Teilchenströme von der Sonne und Mikrometeoriten an seiner Oberfläche.
Neben der Schärfe der Strukturen belegen nach Ansicht von Schultz, Staid und
Pieters zwei weitere Indizien das geologisch junge Alter der Ina-Region. So
finden sich in ihr erheblich weniger Krater als in der Umgebung. Aus den
Kraterzählungen schließen die Forscher auf ein Alter von etwa zwei Millionen
Jahren. Und schließlich zeigen spektroskopische Vermessungen der Region die
gleiche chemische Beschaffenheit wie in extrem jungen Einschlagskratern.
Schultz, Staid und Pieters schließen aus der Beschaffenheit der Ina-Region,
dass dort in geologisch jüngster Vergangenheit ein Gasausbruch stattgefunden
hat. Ina ist eine von insgesamt vier solchen jungen Regionen auf der
erdzugewandten Seite des Mondes, alle vier liegen am Schnittpunkt alter
geologischer Verwerfungen. An solchen Punkten könnten sich tief im Inneren des
Mondes Gasansammlungen bilden, die dann durch Spalten in der Mondkruste
explosionsartig entweichen. In dieses Bild passen jüngere Untersuchungen von
Mondbeben, die auf das Vorhandensein von kleinen Mengen an geschmolzenem Gestein
im Mondinneren hindeuten. Ausgasungen dieser Magmaüberreste könnten zu den
Ausbrüchen führen.
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