Sternenstaub im ewigen Eis
Redaktion / AWI
astronews.com
28. Juli 2006
Wir alle, so heißt es manchmal poetisch und doch zutreffend,
sind aus Sternenstaub gemacht. Den besten Beweis für diesen Sachverhalt fanden
nun Wissenschaftler im ewigen Eis der Antarktis. Die Auswertung von Bohrkernen
ergab, dass in den vergangenen 30.000 Jahren kontinuierlich kosmische
Staubpartikel auf die Erde niederregneten.
Das European Project of Ice Coring in Antarctica
(EPICA) hat zum Ziel, Eiskerne im Dronning Maud Land zu bergen.
Foto: Josef Kipfstuhl, Alfred-Wegener-Institut |
Seit 30.000 Jahren prasseln konstant kosmische Staubpartikel auf die Erde
nieder. Zu diesem Ergebnis kommen zwei Wissenschaftler vom Lamont-Doherty
Earth Observatory der Columbia University in New York (L-DEO) und vom
Alfred-Wegener-Institut für Polar- und Meeresforschung (AWI) in Bremerhaven.
Dazu untersuchten sie erstmals an einem antarktischen Eiskern den Gehalt des
seltenen Helium-Isotops 3He in kosmischem Staub und konnten zeigen,
dass dessen 3He-Konzentration um mehr als den Faktor 5.000 gegenüber
terrestrischem Staub angereichert ist. Messungen des auf der Erde sehr viel
häufigeren Helium-Isotops 4He weisen außerdem darauf hin, dass sich
die Quellen des terrestrischen Staubs im antarktischen Eis zwischen der letzten
Eiszeit und unserer heutigen Warmzeit geändert haben müssen.
In der heutigen Ausgabe des Wissenschaftsmagazin Science präsentieren die
beiden Forscher zum ersten Mal zeitlich hoch aufgelöste Messungen des 3He-
und 4He-Flusses von interplanetaren und terrestrischen
Staubpartikeln, die im Schnee der Antarktis und daraus entstehenden Schichtungen
des antarktischen Eisschildes gespeichert wurden. Heutige Abschätzungen zeigen,
dass pro Jahr rund 40.000 Tonnen extraterrestrischen Materials auf die Erde
treffen.
"Der kosmische Staub wird auf seinem Weg durch den interplanetaren Raum vom
Sonnenwind mit Helium-Atomen aufgeladen. Dabei kommt es zu einer starken
Anreicherung des auf der Erde seltenen Isotops 3He", erläutert Dr.
Hubertus Fischer, Leiter des Forschungsprogramms "Neue Schlüssel zu polaren
Klimaarchiven" am Alfred-Wegener-Institut. "Kosmische Staubpartikel mit einer
Größe von wenigen Mikrometern überdauern den Eintritt in die Erdatmosphäre und
transportieren ihre Heliumfracht unverändert zur Erdoberfläche."
Mit der hohen zeitlichen Auflösung, wie man sie nur in Eiskernen erreicht,
konnten nun erstmals die zeitlichen Variationen des Flusses von Helium zwischen
Eis- und Warmzeiten sowie das typische Verhältnis von 3He und 4He
dieser exotischen Partikel bestimmt werden. Die Ergebnisse dürften weitreichende Konsequenzen für die Interpretation von hoch aufgelösten Klimaarchiven
in Eiskernen, Ozean- und Seesedimenten haben.
Die Heliumisotopen-Methode hat aber noch mehr zu bieten. Das Verhältnis von
4He in terrestrischem Staub zur gesamten Staubkonzentration zeigt große
Unterschiede zwischen der letzten Eiszeit und unserer heutigen Warmzeit. "Der
terrestrische Staub, der in der Eiszeit in der Antarktis niederging, ist
offensichtlich nicht der gleiche wie in der Warmzeit. Entweder ändern sich die
Quellgebiete des Mineralstaubs, oder die Verwitterungsprozesse, die für die
Staubproduktion verantwortlich sind, variieren mit dem Eiszeitzyklus", erklärt
Dr. Gisela Winckler, Leiterin der Arbeitsgruppe Isotope Tracers and Constant
Flux Proxies am L-DEO.
Die Daten wurden im Rahmen des European Project for Ice Coring in Antarctica
(EPICA) erhoben. Das Alfred-Wegener-Institut ist deutscher Partner des Projektes
und trägt die Verantwortung für die Bohrung in Dronning Maud Land. EPICA wird
von einem Konsortium aus zehn europäischen Ländern (Belgien, Dänemark,
Deutschland, Großbritannien, Frankreich, Italien, Niederlande, Norwegen,
Schweden, Schweiz) durchgeführt und gemeinsam mit der Europäischen Union
finanziert.
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