Das Geheimnis der Schwarzen Löcher
von Rainer Kayser
23. Juni 2006
Schwarze Löcher sind, das verrät schon ihr Name, eigentlich
unsichtbar. Trotzdem sorgen sie im gesamten Weltall für intensive Strahlung, die
immer dann entsteht, wenn Materie in ein Schwarzes Loch hineinfällt. Nur ganz
verstanden hatten Astronomen diesen Prozess bislang nicht. Jetzt halfen neue
Beobachtungen des Röntgenteleskops Chandra Licht in dieses Geheimnis der
Schwarzen Löcher zu bringen.
So könnte das Schwarze Loch GRO J1655-40
aussehen. Bild: NASA /CXC / M.Weiss
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Der Einfall von Materie in Schwarze Löcher ist der effizienteste Mechanismus zur
Erzeugung von Energie im Kosmos. Doch der Vorgang ist keineswegs einfach zu
verstehen - denn irgendein Prozess muss den Drehimpuls der einfallenden Materie
nach außen abführen, sonst würde sie ewig um das Schwarze Loch kreisen.
Röntgenbeobachtungen eines Schwarzen Lochs liefern nun starke Indizien dafür,
dass Magnetfelder diese Aufgabe übernehmen, berichtet ein internationales
Forscherteam in der aktuellen Ausgabe des Fachblatts Nature.
"Wir haben
bei unserer Beobachtung des stellaren Schwarzen Lochs GRO J1655-40 einen
Röntgenstrahlung absorbierenden Wind entdeckt, der durch einen magnetischen
Prozess angetrieben werden muss", schreiben Jon Miller von der University of
Michigan und seine Kollegen aus den USA und den Niederlanden, "und dieser
Prozess könnte auch die Akkretion von Materie antreiben." GRO J1655-40 besitzt
die siebenfache Masse unserer Sonne und bildet mit einem normalen Stern ein
enges Doppelsystem. Das Schwarze Loch entreißt dem Stern Materie aus dessen
äußerer Atmosphäre, die sich in einer rotierenden Akkretionsscheibe um das
Schwarze Loch ansammelt. Ohne eine Abführung von Drehimpuls nach außen, könnte
das Gas nicht in dieser Scheibe nach innen wandern und schließlich in das
Schwarze Loch einfallen.
Als Lösung bieten sich Magnetfelder an. Schon kleine Felder, so zeigt sich,
können durch die so genannte "Magneto-Rotationsinstabilität" effektiv Drehimpuls
nach außen transportieren und gleichzeitig Turbulenzen in der Scheibe antreiben.
Dabei verbindet das Magnetfeld wie eine Art elastisches Band innere und äußere
Bereiche der Scheibe miteinander. Weil der innere Bereich dadurch Energie
verliert, fällt das Gas dort weiter nach innen. Der äußere Bereich dagegen
gewinnt auf diese Weise Energie und Drehimpuls.
Die Röntgenbeobachtungen von GRO J1655-40 zeigen nun, dass aus der
Akkretionsscheibe ständig heißes Gas mit einer Temperatur von einer Million Grad
und einer Geschwindigkeit von 100 Kilometern pro Sekunde abströmt. Eine genaue
Analyse der geometrischen und physikalischen Gegebenheiten zeigt, so
argumentieren Miller und seine Kollegen, dass dieser Wind nur durch ein
Magnetfeld in der Akkretionsscheibe um das Schwarze Loch angetrieben werden
kann.
Wenn aber Magnetfelder in der Scheibe vorhanden sind, die den beobachteten
Wind antreiben, dann können sie auch für den Einfall von Materie auf das
Schwarze Loch sorgen, so argumentieren die Forscher weiter. Leider gibt es
bislang aber kein konsistentes Modell, das sowohl die Akkretion als auch den
Wind einer Akkretionsscheibe durch Magnetfelder erklärt. Doch die von Miller und
seinem Team auf indirekte Weise gezogene Schlussfolgerung von dem beobachteten
Wind auf den magnetischen Antrieb der Akkretion, liefert den Astrophysikern
vielleicht einen neuen Anreiz, verstärkt die Theorie solcher Modelle
weiterzuentwickeln.
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