Entstanden durch gewaltige Kollision?
von Rainer Kayser
6. April 2006
Der innerste Planet Merkur gibt den Astronomen immer noch
Rätsel auf. So ist den Wissenschaftlern bislang nicht klar, warum Merkur eine so
hohe Dichte hat. Schweizer Forschern könnte es nun mit Hilfe von
Computersimulationen gelungen sein, hinter das Geheimnis des Merkur zu kommen:
Entstand der Planet durch eine gewaltige Kollision?
Ausschnitt aus der Simulation einer Kollision
zwischen dem Proto-Merkur und einem Asteroiden. Bild:
Jonathan Horner (Universität Bern) et al.
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Neue Computersimulationen Schweizer Forscher zeigen, wie der sonnennächste
Planet Merkur vor etwa 4,5 Milliarden Jahren bei einer Kollision mit einem
großen Asteroiden seine heutige Gestalt bekam. Die Wissenschaftler verfolgten
die bei dem Zusammenprall herausgeschleuderten Trümmerstücke über einen Zeitraum
von mehreren Millionen Jahren. Viel weniger dieser Trümmerstücke als erwartet
fielen auf den Planeten zurück - deshalb besitzt Merkur eine ungewöhnlich hohe
Dichte. Die Forscher präsentierten ihre Simulationen am Mittwoch auf der
Jahrestagung der britischen Royal Astronomical Society in Leicester.
"Merkur besitzt eine ungewöhnliche Dichte, vermutlich enthält er also mehr
Metalle als bei einem Planeten seiner Größe zu erwarten wäre", erklärt Jonathan
Horner von der Universität Bern. Seit langem vermuten die Planetenforscher, dass
Merkur in der Frühzeit des Sonnensystems mit einem großen Asteroiden
zusammengestoßen ist. Doch auch bei einer solchen Kollision sollte ein großer
Teil des leichteren Krustenmaterials wieder auf den Planeten zurückfallen,
dachten die Wissenschaftler bislang.
Die Simulationen von Horner und seinem Team zeigen nun, dass eben diese
Vermutung falsch war. Bis zu vier Millionen Jahre dauert es, damit allein unter
dem Einfluss der Schwerkraft die Hälfte des Krustenmaterials wieder auf den
Planeten zurückfallen kann. Doch in diesem langen Zeitraum würde die Strahlung
der Sonne einen großen Teil der Materie nach außen blasen.
Die Forscher um Horner verfolgten in einer zweiten Simulation auch das
weitere Schicksal jener Trümmerstücke, die dem Schwerefeld des Merkur entkommen
sind. Ein Teil dieser Trümmer hat vermutlich, so zeigte sich, auch die Erde
erreicht. Die Wissenschaftler schätzen, dass die Erde etwa 16 Millionen
Milliarden Tonnen Materie vom Merkur enthält.
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