Staubscheibe rotiert in zwei Richtungen
von Rainer Kayser
14. Februar 2006
Wenn Planeten in einer rotierenden Staubscheibe um einen
neugeborenen Stern entstehen, drehen sie sich selbstverständlich alle in derselben Richtung um ihre Sonne. Wirklich? Amerikanische Astronomen spürten jetzt
einen Stern auf, um den sich die Staubscheibe in verschiedene Richtungen dreht.
Das könnte später auch für eventuell in diesem System entstehende Planeten
gelten.
Eine große Sternentstehungsregion dreht sich
global in eine Richtung (oben). Darin bilden sich Sterne, die
sich wegen der chaotischen Vorgänge beim Kollaps in
verschiedene Richtungen drehen können (Mitte). Ein Stern bildet
eine Staubscheibe aus, saugt aber auch noch Material von einem
anderen Stern ab, der eine andere Drehrichtung hatte (unten).
Bild: Bill Saxton, NRAO / AUI / NSF [Großansicht] |
Können Planeten in entgegengesetzte Richtungen um einen Stern kreisen?
Bislang hätten die meisten Astronomen diese Frage wohl verneint. Doch
Beobachtungen eines amerikanischen Forscherduos deuten darauf hin, das es solche
eigenwilligen Planetensysteme tatsächlich geben könnte.
Die Wissenschaftler
stießen bei einem jungen Stern auf eine Gas- und Staubscheibe, deren äußere
Region entgegengesetzt zur inneren Region rotiert. Wenn in dieser Scheibe
Planeten entstehen - was die Forscher für wahrscheinlich halten - würden sie
diese Bewegung beibehalten. Die beiden Astronomen berichten in einer der
nächsten Ausgaben des Fachblatts Astrophysical Journal über ihre
Entdeckung.
"So etwas hat bislang noch niemand beobachtet", freut sich Anthony Remijan
vom National Radio Astronomy Observatory, "offenbar ist die Entstehung
von Planeten aus solchen Scheiben viel komplexer als bisher angenommen." Und
sein Kollege Jan Hollis vom Goddard Space Flight Center der NASA ergänzt:
"Im Gegensatz zu unserem Sonnensystem entsteht bei diesem Stern ein
Planetensystem, dessen Planeten den Stern in unterschiedlichen Richtungen
umkreisen."
Sterne entstehen, wenn sich große Gaswolken unter ihrer eigenen Schwerkraft
zusammenziehen. Um die jungen Sterne bildet sich dabei eine abgeflachte Scheibe,
die eigentlich die gleiche Drehrichtung besitzen sollte wie der Stern. Doch bei
dem 500 Lichtjahre entfernten Stern IRAS 16293-2422 im Sternbild Schlangenträger
ist das offenbar nicht der Fall, wie die Beobachtungen von Hollis und Remijan
mit der Radioteleskopanlage Very Large Array zeigen.
"Wir vermuten, dass dieses System aus zwei verschiedenen Wolken entstanden
ist, die sich in unterschiedliche Richtungen gedreht haben", so Remijan. In
großen Sternentstehungsregionen bewegt sich das Gas chaotisch, so dass solche
Situationen - und demnach auch Planetensysteme mit gegenläufigen Orbits - häufig
vorkommen könnten.
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