Kraterzählung oft ungenau
von Rainer Kayser
20. Oktober 2005
Je mehr Krater ein atmosphärenloser Himmelskörper hat, desto älter ist er.
Und mit dem Erdmond als Referenzobjekt lässt sich bequem und relativ genau sein
Alter bestimmen, so die bisherige Lehrmeinung. Nun raten amerikanische
Wissenschaftler zur Vorsicht: Die meisten Krater, so ergaben jetzt
Simulationen, könnten nicht von direkten Einschlägen stammen.
Der Krater Pwyll auf dem Jupitermond Europa.
Foto: NSSDC/ NASA |
Nicht jeder Krater auf einem Planeten oder Mond ist, was er zu sein scheint. Bislang gingen die Planetenforscher davon aus, dass die meisten Krater unmittelbar durch Einschläge von Kometen, Asteroiden und Meteoroiden entstanden sind. Eine neue Analyse der Krater auf dem Jupitermond Europa durch ein Team amerikanischer Wissenschaftler zeigt nun, dass diese Annahme völlig falsch ist: 95 Prozent aller kleinen Krater stammen nicht von direkten Einschlägen, sondern entstehen durch von größeren Einschlägen ausgeworfenem und zur Oberfläche zurückfallendem Material.
Die in der aktuellen Ausgabe des Magazins
Nature
veröffentlichte Studie könnte signifikante Auswirkungen auf die Altersbestimmungen von Planeten- und Mondoberflächen haben, so die Forscher.
"Unsere Arbeit lässt Zweifel daran aufkommen, dass der Vergleich der Kraterhäufigkeit auf anderen Himmelskörpern mit jener auf dem Erdmond zu einer korrekten Altersbestimmung geeignet ist", schreiben Edward Bierhaus von der Abteilung
Space Exploration Systems des Unternehmens Lockheed Martin und seine Kollegen. Bislang gehen die Planetenforscher davon aus, dass die Anzahl der Krater auf der Oberfläche von Himmelskörpern ohne Atmosphäre in direktem Zusammenhang mit dem Alter
steht: je mehr Krater, desto älter die Oberfläche.
Bierhaus und seine Kollegen verglichen nun die Verteilung der Krater unterschiedlicher Größe auf dem Jupitermond Europa mit Computersimulationen von Einschlägen. Unter der Annahme, dass alle Krater durch direkte Einschläge entstehen, konnten die Forscher keine Übereinstimmung mit den Beobachtungen erzielen. Nur wenn 95 Prozent der kleineren Krater von sekundären Einschlägen durch herausgeschleudertes Material entstanden sind, lassen sich Simulationen und Beobachtungen in Einklang bringen.
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