Viel Lärm um ein neues Kuiper-Gürtel-Objekt
von Stefan
Deiters
astronews.com
1. August 2005
Die Aufregung ist groß: Astronomen, so verkündete die ja derzeit nicht gerade
mit Erfolgsmeldungen gesegnete amerikanische Raumfahrtbehörde NASA, haben den
zehnten Planeten entdeckt. Hoffentlich lässt sich die Internationale Astronomische Union
von dem ganzen Trubel nicht beirren und kategorisiert 2003 UB313
als das, was es ist: als Objekt des Kuiper-Gürtels.
Die Logik der Entdecker ist einfach: Das neu entdeckte Objekt am Rande
unseres Sonnensystems ist, so viel sei sicher, größer als Pluto und könne damit
nur als Planet gelten. Doch halt: Gab es nicht vor rund sechs Jahren eine lange
Diskussion darüber, ob eigentlich Pluto die Bezeichnung "Planet" verdient
hat? Die
allgemeine Meinung war: eigentlich nicht. Doch wohl mehr aus
historisch-nostalgischen Gründen hat der neunte Planet seinen Planetenstatus
behalten. Aber warum soll man dann jetzt den Fehler wiederholen? Die
Entdecker sagen selbst 2003 UB313 ist ein Objekt des Kuiper-Gürtels. Na bitte,
er ist eben kein Planet und anders entstanden als Merkur, Venus, Erde, Mars,
Jupiter, Saturn, Uranus und Neptun.
Das Interesse an einem zehnten Planeten ist riesig: Pseudowissenschaftler,
Sektierer und ganz normale Astronomen begeistern sich für den eisigen Brocken im All.
Natürlich macht es sich im Lebenslauf eines Astronomen unglaublich gut, als
Entdecker des mysteriösen Planeten X zu gelten, über den so so lange spekuliert
wurde. Und die NASA ist für positive Publicity sicherlich auch dankbar.
Aber deswegen alle
wissenschaftliche Logik fahren lassen? Nicht unwahrscheinlich ist, dass es noch
eine Reihe weiterer Brocken ähnlicher Größe da draußen gibt. Wird es dann eine
Inflation von Planeten im Sonnensystem geben, wie wir sie seit einiger Zeit bei
den Jupitermonden erleben? Und warum sollte dann eigentlich ein Objekt, das nur
wenig kleiner ist als Pluto nicht mehr als Planet gelten? Der Pluto als Grenze
ist ja doch eher willkürlich. Und was ist, wenn der nächste entdeckte Brocken
von der Größe 2003 UB313 dichter an der Sonne liegt als 2003 UB313? Wird dann
aus dem zehnten Planeten plötzlich der elfte?
Wir sind gerade dabei Planetensysteme um andere Sonnen zu entdecken und mit
unserem zu vergleichen. Da kann
es nicht hilfreich sein, unser Sonnensystem künstlich mit Planeten aufzufüllen,
die eigentlich gar keine sind. Was würde es uns bei Vergleichen mit anderen
Systemen denn bringen, wenn wir uns bald immer in Erinnerung rufen müssten, dass
wir zwar offiziell beispielsweise 18 Planeten haben, davon aber zehn gar keine
richtigen Planeten sind, sondern Kuiper-Gürtel-Objekte. Dann doch lieber von
Anfang an ehrlich sein: Unser Sonnensystem hat acht echte Planeten und Pluto
sowie eine ganze Reihe von Objekten jenseits der Neptunbahn.
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2003 UB313, Michael Browns Webseite über das neu entdeckte
Objekt |
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