Erst Schwarzes Loch,
dann die Galaxie?
von Rainer Kayser
17. November 2004
Seit langer
Zeit beschäftigt Astronomen eine Frage: Was war zuerst da, die Galaxien oder das
gewaltige Schwarze Loch in deren Zentrum. Nun könnten neue Beobachtungen einen
ersten Hinweis zur Lösung dieses "Henne und Ei"-Problems der Astronomie
geliefert haben.
VLA-Bild des Quasars J1148+5251.
Bild:
Walter et al., NRAO/AUI/NSF |
Im Zentrum nahezu aller großen Galaxien befindet sich ein supermassereiches
Schwarzes Loch. Offenbar gibt es einen physikalischen Zusammenhang zwischen der
Entstehung beider, denn die Masse des Schwarzen Lochs hängt direkt mit der Masse
der zentralen Verdichtung der Galaxie, der so genannten "Bulge", zusammen.
Die Astronomen stellen sich deshalb seit langem die Frage: Was war zuerst da,
die Schwarzen Löcher oder die großen Galaxien? Jüngste Beobachtungen mit dem Very
Large Array, einer großen Anlage aus 27 Radioteleskopen in Neu-Mexiko, deuten
nun darauf hin, dass die Schwarzen Löcher zuerst da waren und demnach die
Keimzellen für die Entstehung der großen Galaxien waren.
"Das von uns beobachtete Beispiel entscheidet sicherlich die Frage noch nicht
endgültig", meint Chris Carilli vom National Radio Astronomy Observatory in
Socorro, Neu-Mexiko. "Aber wir haben hier ein Beispiel für ein Schwarzes Loch
ohne eine stellare Verdichtung." Die Forscher um Carilli hatte den 12,8
Milliarden Lichtjahre entfernten Quasar
J1148+5251 beobachtet. Auf Grund seiner großen Entfernung sehen die
Forscher den Quasar - eine Galaxie mit einem extrem hellen Kern - so, wie er 870
Millionen Jahre nach dem Urknall aussah.
Die Messungen der Forscher zeigen, dass die Galaxie in ihrem Zentrum ein
Schwarzes Loch mit einer Masse von 11 bis 15 Milliarden Sonnenmassen beherbergt.
"Üblicherweise müsste ein solches Schwarzes Loch von einer Bulge aus mehreren
Billiarden Sonnenmassen umgeben sein", erläutert Fabian Walter vom Max Planck
Institut für Astronomie in Heidelberg, der an den Beobachtungen beteiligt war.
Doch die Astronomen fanden in J1148+5251 keine Spur einer zentralen Verdichtung.
"Nun müssen wir viele weitere solcher Objekte im frühen Universum untersuchen",
meint Carilli.
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