Zum Mars und
zurück in 90 Tagen
von Stefan
Deiters
astronews.com
18. Oktober 2004
An der
Universität von Washington arbeiten Forscher derzeit an einem futuristischen
Antrieb für Raumschiffe, der die Reisezeiten im Sonnensystem dramatisch
verkürzen könnte. Dank der Mag-Beam genannten Technologie könnte ein
Ausflug zum Mars und zurück in rund 90 Tagen möglich und Reisen in unserem
Sonnensystem zur Routine werden.
Ein Raumschiff erhält Schub durch einen Plasmastrahl. Bild:
John Carscadden, University of Washington |
Eine Expedition zum Mars - also die Hinreise, wissenschaftliche
Untersuchungen auf dem roten Planeten und Rückreise - würde mit herkömmlichen
Antriebsformen und unter Ausnutzung der günstigsten Stellung von Erde und Mars
rund 2,5 Jahre dauern. "Wir versuchen zum Mars und zurück in 90 Tagen zu
kommen", erläutert Robert M. Winglee von der University of Washington.
"Unsere Motivation ist, dass die Erfolgschancen für eine bemannte Mission bei
einer Dauer von 2,5 Jahren relativ gering sind."
Mag-beam, was für magnetized-beam plasma propulsion steht, ist
eine von zwölf Vorschlägen, die unlängst für eine erste sechsmonatige Studie
Mittel vom NASA Institute for Advanced Concepts bewilligt bekommen haben.
Während dieser Zeit soll das Konzept eingehend überprüft und mögliche Probleme
bei der Realisierung identifiziert werden. 75.000 Dollar stehen dafür jetzt
bereit, übersteht das Projekt diese Phase, wird die NASA die Entwicklung mit
weiteren 400.000 Dollar in den nächsten zwei Jahren unterstützen.
Das Mag-beam-Konzept sieht eine weltraumgestützte Station vor, in der
ein Strom aus magnetisierten Ionen erzeugt wird, der ein Raumschiff antreibt,
das mit einem magnetischen Segel ausgerüstet ist. Je größer der Plasmastrahl
ist, desto größer die Geschwindigkeit, die das Raumschiff dadurch erreichen
kann.
Nach Ansicht von Winglee könnte eine Kontroll-Düse von 32 Metern
Durchmesser einen Plasmastrahl erzeugen, durch den sich Geschwindigkeiten von
bis zu 11,7 Kilometern pro Sekunde, also von über 42.000 Kilometern pro Stunde
oder über eine Million Kilometer pro Tag erreichen lassen. Die
durchschnittliche Entfernung zum Mars ließe sich damit in etwa 76 Tagen
zurücklegen. Das Team um Winglee arbeitet aber an einem verbesserten Verfahren,
mit dem eine Reise zum Mars und wieder zurück in drei Monaten bewerkstelligt
werden kann.
Allerdings müsste man, um diese Geschwindigkeiten nutzen zu können, einen
weiteren Plasmagenerator am Zielort der Reise stationieren, mit dessen Hilfe das
Raumschiff wieder gebremst werden kann. "Dadurch würde man sich ersparen, dass
das Raumschiff diese großen Antriebseinheiten transportieren muss."
Winglees
Vision sind Generatoren, die von der NASA im Rahmen von schon geplanten
Missionen im gesamten Sonnensystem verteilt werden könnten. So könnte eine
Mission zum Jupiter nach Ende der eigentlichen Forschungsarbeit im Jupiterorbit
verbleiben und dort als Plasmastation dienen. Stationen im äußeren Sonnensystem
würden sich nuklearer Energie bedienen, in Sonnennähe könnte man auf
Solarenergie zurückgreifen.
Das Mag-beam-Konzept entstand aus einer früheren Idee Winglees, bei
dem ein Raumschiff mit einer Plasma-Blase umgeben werden und sich dann vom
Sonnenwind treiben lassen sollte. Das Mag-beam-Konzept ist nicht vom
Sonnenwind abhängig und erlaubt einen kontrollierten Plasmastrahl. Winglee
glaubt, dass eine Testmission schon innerhalb der nächsten fünf Jahre
realisierbar wäre.
Einen Haken hat das Konzept allerdings: Bevor Raumschiffe von Plasmastrahlen
getrieben durchs Sonnensystem segeln können, müssen Milliarden von Dollars in das
Ausbringen von Plasmageneratoren im Sonnensystem investiert werden. Langfristig
würden sich dadurch jedoch die Kosten für Raumfahrt erheblich reduzieren, weil
Raumschiffe so keinen eigenen Antrieb mehr benötigen würden: Sie würden von
einer Plasmastation in die Richtung ihres Ziels angeschoben und am Zielort
wieder abgebremst. "Dadurch würde eine permanente Präsenz von Menschen im All
möglich", so Winglee. "Das ist es, was wir erreichen wollen."
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