Astronomen bestimmen Masse eines Einzelsterns
von Stefan
Deiters
astronews.com
16. Juli 2004
Amerikanischen Astronomen gelang es erstmals, die Masse eines einzelnen
Sterns direkt zu messen. Dabei "wogen" sie einen kleinen roten
Zwergstern in rund 1.800 Lichtjahren Entfernung. Die Forscher hatten
allerdings Hilfe: Einsteins Relativitätstheorie, ein zweiter weit
entfernter Stern und das Hubble-Weltraumteleskop.
1993 beobachteten Astronomen das plötzliche kurzzeitige
Aufleuchten eines Sterns in den Magellanschen Wolken (links oben
und unten). Hubble konnte jetzt beide an dem MACHO-Ereignis
beteiligten Sterne aufspüren: Der entfernte Stern erscheint
bläulich, der uns nähere Stern rötlich (rechts). Bild:
NASA, ESA und D. Bennett (University of Notre Dame) [Großansicht] |
Die Kenntnis über die Masse von Sternen ist für Astronomen besonders deswegen
wichtig, weil sie ein entscheidender Parameter für das Verständnis der
Entwicklung von Sternen ist. Normalerweise kann man die Masse von einem Stern
nur errechnen, wenn er sich in einem Doppelsternsystem befindet und man den
Orbit der beiden Partner um den gemeinsamen Schwerpunkt bestimmen kann. Doch
diesmal gelang die Messung ohne zweiten Stern - jedenfalls fast.
Der sehr lichtschwache rote Zwergstern fiel den Astronomen erstmals im Jahr 1993
auf, als er - von der Erde aus gesehen - direkt vor einem anderen weit
entfernten Stern vorüberzog. Er sorgte dadurch für einen so genannten
Microlensing-Effekt, der auf Einsteins Relativitätstheorie zurückgeht. Die
kleine punktförmige Masse im Vordergrund krümmt den Raum derart, dass sie als
Linse wirkt und das Licht des dahinterliegenden Sterns verstärkt. Von der Erde
aus beobachtet man also ein kurzes Aufleuchten des Hintergrundsterns.
Zahlreiche Forschergruppen überwachen nun schon seit einigen Jahren den Himmel
nach solchen Ereignissen. Die Vordergrundsterne, die dafür verantwortlich sind,
werden meist als MACHOs bezeichnet, was für massereiche, kompakte Haloobjekte
steht. Normalerweise sind diese MACHOs deutlich lichtschwächer als die
Hintergrundsterne, die sie zu einem kurzen Aufleuchten bringen. Bei dem
MACHO-Ereignis MACHO-LMC-5 war allerdings etwas merkwürdig: Der Hintergrundstern
wurde nicht nur heller, er änderte auch seine Farbe. Die Astronomen folgerten
daraus, dass vermutlich beide Sterne in etwa die gleiche Helligkeiten haben
müssen und deswegen vielleicht auch getrennt voneinander beobachtet werden
könnten.
Als sich die Sterne von der Erde aus gesehen wieder genug voneinander entfernt
hatten, versuchten die Astronomen ihr Glück und hatten tatsächlich Erfolg: Die
Advanced Camera for Surveys an Bord des Hubble-Weltraumteleskops
zeigte beide Sterne. Aus der Bewegung des uns näheren Sterns relativ zum
Hintergrund der anderen Sterne bestimmten die Forscher nun die Entfernung des
Vordergrundsterns. Der Hintergrundstern befand sich in der Magellanschen Wolke,
so dass dessen Entfernung bekannt war. Die einzig unbekannte Größe in der
Microlensing-Gleichung war nun die Masse des Vordergrundsterns: Diese bestimmten
die Forscher nun zu einem Zehntel der Masse unserer Sonne. Zum ersten Mal wurde
so die Masse eines Sterns mit einer ganz neuen Methode bestimmt. Die Astronomen
hoffen, dieses Verfahren in Zukunft auch bei anderen Sternen einsetzen zu
können.
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STScI, Space Telesope Science
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