MARS EXPRESS
Sonde
beeindruckt mit detaillierten Bildern
Redaktion
astronews.com
20. Januar 2004
Lange Zeit
bestimmten die erfolglosen Versuche mit dem europäischen Marslander Beagle 2
Kontakt aufzunehmen die Berichterstattung über die ESA-Mission Mars Express.
Dabei geriet fast vollständig in Vergessenheit, dass die Europäer erfolgreich
eine extrem leistungsfähige Sonde in einen Orbit um den roten Planeten gebracht
haben. Doch jetzt veröffentlichte die ESA eine eindrucksvolle Detailaufnahme der
Marsoberfläche.
Das erste detaillierte Bild der Marsoberfläche von Mars
Express(oben) und eine 3D-Rekonstruktion der Landschaft (unten). Foto:
ESA / DLR / FU Berlin [Gesamtansicht] |
Das erste Marsbild des erfolgreichen europäischen Orbiters Mars Express
zeigt den roten Planeten gestochen scharf mit Details der Marsoberfläche in
einer Auflösung von 12,5 Metern pro Bildpunkt. Das Aufnahmeobjekt liegt in einer
geologisch interessanten Mars-Region: Man erkennt einen Ausschnitt am Ostrand
der Valles Marineris, des größten Canyons im Sonnensystem, der rund 4.000
Kilometer lang und bis zu zehn Kilometer tief ist. Inselberge, Hangrutsche an
steilen Flanken, geschichtete Lava und unmittelbar abbrechende Tafelberge sind
auf dem Bild gut zu erkennen.
Erstellt wurden diese wissenschaftlich aussagekräftigen Aufnahmen von der
deutschen Hochleistungskamera HRSC (High Resolution Stereo Camera), die
am Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) entwickelt wurde. Die
besondere Fähigkeit der Kamera liegt darin, eine Planetenoberfläche gleichzeitig
in sehr hoher Auflösung, in Farbe und dreidimensional abzubilden. Der Betrieb
der Marskamera wird vom DLR-Institut für Planetenforschung in Berlin-Adlershof
geleitet. Die Prozessierung der umfangreichen Daten erfolgt hauptsächlich im
Berliner DLR-Institut und im Institut für Geologische Wissenschaften der Freien
Universität Berlin.
Das erste vom HRSC-Team veröffentlichte Bild wurde am 14. Januar 2004 aus
einer Höhe von 275 Kilometern aufgenommen. Es zeigt einen kleinen - 54 Kilometer
mal 26 Kilometer großen - Ausschnitt aus einem 1.700 Kilometer langen und 65
Kilometer breiten Bildstreifen, der in Süd-Nord-Richtung über dem großen
Mars-Canyon Valles Marineris aufgenommen wurde. Es ist die erste Aufnahme,
welche die Marsoberfläche in hoher Auflösung, in Farbe
und dreidimensional zeigt.
Gesamtgebiet des insgesamt aufgenommenen Bildstreifens auf der
Marsoberfläche entspricht einem Drittel der Fläche Deutschlands. In der oberen
Bildhälfte sieht man die Marslandschaft aus der Aufnahmeperspektive der Kamera.
Im unteren Drittel des Bildes ist die Marslandschaft aus einer Perspektive zu
sehen, wie man sie aus einem niedrig fliegenden Flugzeug wahrnehmen würde. Diese
Ansicht wurde am Computer aus den originalen Bilddaten berechnet. Man erkennt
eine Landschaft, die einmal hauptsächlich durch die Erosionskraft von Wasser
geprägt worden ist. Millionen von Kubikkilometern Gesteinsmaterial wurden
abgetragen, wobei sich die jetzt sichtbaren Strukturen wie Gebirge, Täler und
Tafelberge gebildet haben.
Für die erste Planetenmission der Europäischen Weltraumorganisation ESA steht
die Suche nach Spuren von Wasser auf dem Mars im Vordergrund; ein zentrales
Instrument der sechs Experimente an Bord des Marssatelliten, die zu diesem Zweck
eingesetzt werden, ist die deutsche Stereo-Kamera HRSC. Sie wurde am DLR
konzipiert und zum größten Teil von der Astrium GmbH in Friedrichshafen gebaut.
Das DLR-Institut für Planetenforschung ist mit dem HRSC Experiment Team
verantwortlich für den Betrieb der Kamera und die Prozessierung der HRSC-Daten.
Die wissenschaftliche Leitung des HRSC-Experiments liegt beim Principal
Investigator (PI) Professor Gerhard Neukum von der Freien Universität Berlin,
der einem Team von 45 Wissenschaftlern und zahlreichen Mitarbeitern aus 30
Instituten in zehn Ländern vorsteht.
Die Stereokamera HRSC ist einzigartig in der Planetenforschung. Das Gerät ist
ein Zeilenscanner, der die Oberfläche des Planeten mit neun quer zur
Flugrichtung angeordneten lichtempfindlichen Sensoren unter verschiedenen
Blickwinkeln durch ein einziges Objektiv abtastet. Dies schafft die Möglichkeit,
die Landschaft des Planeten aus der Marsumlaufbahn gleichzeitig in hoher
Auflösung, mit drei Dimensionen und in Farbe abzubilden. Am marsnächsten Punkt
der elliptischen Umlaufbahn des europäischen Orbiters in rund 300 Kilometern
Höhe können Geländedetails von wenig mehr als zehn Meter Größe scharf
dargestellt werden. Durch die systematische Abbildung der Oberfläche in dieser
hohen Detailgenauigkeit wird in der Marsforschung eine wichtige Lücke
geschlossen. Zum Ende der Mission könnte die Topographie des Mars genauer
kartiert sein als auf der Erde, denn die Kamera soll die Hälfte des Roten
Planeten in einer Auflösung von 10 bis 20 Metern pro Bildpunkt in Stereo
erfassen. Dreiviertel der Mars-Oberfläche sollen mit mindestens 40 Meter pro
Bildpunkt, und schließlich der gesamte Mars in einer Auflösung von wenigstens
100 Metern pro Pixel abgebildet werden.
Die Dauer der Mission Mars Express ist zunächst auf ein Marsjahr
begrenzt. Ein Marsjahr entspricht zwei Erdenjahren. Nach Ablauf der nominellen
Mission Ende 2005 ist jedoch bereits an eine Verlängerung um ein weiteres
Marsjahr - also bis Ende 2007 - gedacht. Da beim Einbringen des Orbiters in die
Umlaufbahn weniger Treibstoff als vorgesehen verbraucht wurde, erscheint dies
zumindest aus technischer Sicht machbar.
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