KOMETEN
Kosmische
Fossilien mit Schönheitsfehlern
von Rainer Kayser
7. August 2003
Kometen
galten bislang als einzigartige Zeugen aus einer Zeit, in der unser Sonnensystem
gerade entstand. Die Erforschung dieser Vagabunden schien somit unverfälschte
Einblicke in den Materiemix zu geben, aus dem sich die Sonne und alle Planeten
gebildet haben. Allerdings, so warnt ein Wissenschaftler jetzt, könnte sich die
Oberfläche der Kometen inzwischen deutlich verändert haben.
Halley'scher Komet: doch keine unverfälschten Zeugen vom Anfang
des Sonnensystems? Foto:
NSSDC / NASA |
Kometen sind keineswegs saubere Überbleibsel aus der Entstehungsphase
des Sonnensystems. Vielmehr gibt es zahlreiche kosmische Prozesse, die
die Himmelskörper langsam über die Jahrmilliarden hinweg verändert
haben. Das berichtet der amerikanische Astronom Alan Stern vom Southwest
Research Institute in Boulder, Colorado, in der aktuellen Ausgabe der
Zeitschrift Nature. Der Forscher empfiehlt daher bei künftigen
Kometenmissionen Proben aus großen Tiefen zu entnehmen, um möglichst
unverfälschtes Material zu erhalten.
Kometen galten unter den Himmelsforschern bislang als wertvolle
Fossilien, unveränderte Überbleibsel aus der Entstehungszeit des
Sonnensystems vor rund 4,5 Milliarden Jahren. Wie in einer Art
kosmischen Tiefkühltruhe, so die Überlegung, sollte sich in ihnen
Materie aus der Frühzeit des Sonnensystems unverändert erhalten haben.
Doch ähnlich wie Gefrierbrand Lebensmittel in der Tiefkühltruhe
verändern kann, gibt es auch zahlreiche astrophysikalische Vorgänge,
welche die Kometen über lange Zeiträume hinweg verändern.
So können die Kometen, die sich überwiegend in der so genannten
Oortschen Wolke weit außerhalb der Planetenbahnen aufhalten, durch
vorüberziehende Sterne und Supernova-Explosionen aufgeheizt und so
"angetaut" werden. Außerdem können Zusammenstöße zwischen Kometen die
Oberfläche der Himmelskörper verändern. Und schließlich können kosmische
Strahlung und UV-Strahlung zu chemischen Veränderungen des Materials an
der Oberfläche der Kometen führen.
Die Kometen können also nicht länger als völlig unverdorbene Proben der
ursprünglichen Materie unseres Sonnensystems angesehen werden, folgert
Stern.
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