VLBA
Auf den
Spuren eines Neutronensterns
von Rainer Kayser
28. Januar 2003
So genannte
Mikroquasare sind für Astronomen eine einmalige Möglichkeit, stellare Schwarze
Löcher und Neutronensterne aufzuspüren. Zwei Wissenschaftlern gelang jetzt noch
mehr: Sie verfolgten die Bahn eines Neutronensterns durch die Milchstraße und
gelangten so an Informationen über seinen vermutlichen Geburtsort.
Die Bahn von Scorpius X-1 (rot) und der Sonne (gelb) durch die
Milchstraße während der letzten 230 Millionen Jahre. Bild:
F. Mirabel, I. Rodrigues, NRAO / AUI / NSF
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Zwei Astronomen ist es gelungen, den Pfad eines Neutronensterns durch unsere
Milchstraße über einen Zeitraum von 30 Millionen Jahren zurückzuverfolgen. Den
Berechnungen von Felix Mirabel und Irapuan Rodrigues, deren Arbeit von der
französischen Atomenergie-Kommission finanziert wird, zeigen, dass der
Neutronenstern Scorpius X-1 vermutlich vor 30 Millionen Jahren mit einem
anderen, normalen Stern ein Paar gebildet hat. Dann wurde er aus einem
Kugelsternhaufen fernab der galaktischen Scheibe herausgeschleudert. Seither
entreißt der Neutronenstern mit seiner Schwerkraft dem normalen Stern Materie.
Diese Materie sammelt sich in einer Scheibe um den Neutronenstern und wird dabei
so stark erhitzt, dass sie Röntgenstrahlung aussendet.
Scorpius X-1 wurde bereits 1962 als einer der ersten Röntgensterne entdeckt. Er
ist 9000 Lichtjahre von uns entfernt und die hellste kontinuierlich strahlende
Röntgenquelle am Himmel. Als Grundlage für ihre Berechnungen nutzten Mirabel und
Rodrigues hochpräzise Positionsmessungen mit dem Very Large Baseline Array.
Dabei handelt es sich um eine Zusammenschaltung von zehn großen Radioteleskopen
in den USA. Zusätzlich gingen auch Daten von optischen Teleskopen in die Analyse
der Bahn von Scorpius X-1 ein.
Die beiden Astronomen fanden heraus, dass sich der Neutronenstern nicht im
Gleichschritt mit den anderen Sternen in seiner Umgebung bewegt. Statt dessen
folgt er einem ungewöhnlichen elliptischen Pfad, der ihn weit aus der
Scheibenebene der Milchstraße herausführt. Zwar könnte Scorpius X-1 auch in der
Scheibe der Milchstraße entstanden sein, dies sehen Mirabel und Rodrigues aber
als unwahrscheinlich an. Das wahrscheinlichste Szenario sei, dass der
Neutronenstern in einem Kugelsternhaufen geboren wurde. "Vermutlich wurde er
dann durch die enge Begegnung mit einem anderen Stern aus diesem
Kugelsternhaufen herausgeschleudert", so Mirabel.
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