Prof. Günther Hasinger und Dr. Stefanie Komossa vom Max-Planck-Institut für
extraterrestrische Physik in Garching sowie Dr. Norbert Schartel von der
Europäischen Raumfahrtagentur ESA ist jetzt eine erstaunliche Entdeckung
gelungen: Spektralbeobachtungen mit dem Röntgenobservatorium XMM-Newton
ergaben, dass der Quasar APM 08279+5255 etwa drei Mal mehr Eisen birgt als heute
im Sonnensystem vorhanden ist. Den Quasar sehen wir zu einer Zeit, als das
Universum erst rund 1,5 Milliarden Jahre alt war; die Sonne dagegen entstand
etwa neun Milliarden Jahre nach dem Urknall. Das heißt: In dem jungen Quasar
existierte bereits mehr Eisen als in unserem viel älteren Sonnensystem. Für die
Forscher heißt dass, dass es entweder eine bisher unbekannte, jedoch
effizientere Art der Eisenproduktion gibt oder dass das Universum zu dem
Zeitpunkt, als der Quasar sein Licht aussandte, wesentlich älter war als bisher
angenommen. Die Astronomen veröffentlichten ihre Arbeit jetzt in der
Fachzeitschrift Astrophysical Journal Letters.
Der Quasar APM 08279+5255 ist eines der leuchtkräftigsten Objekte im gesamten
Universum. Er strahlt über eine Billiarde Mal mehr Energie ab als unsere Sonne.
Nur deshalb können wir trotz seiner großen Entfernung noch intensive Strahlung
von ihm auffangen. Diese Leuchtkraft speist sich hauptsächlich aus dem "Absturz"
von Materie in ein gigantisches Schwarzes Loch im Quasarzentrum. Das gasförmige
Material heizt sich stark auf und sendet Röntgenstrahlen aus - quasi als
"letzten Hilfeschrei", bevor es in dem Schwarzen Loch verschwindet. Ein Teil der
eingefangenen Materie wird jedoch durch den starken Lichtdruck des
Zentralobjekts wieder nach außen transportiert. Bei APM 08279+5255 sehen wir das
Schwarze Loch zufällig durch den Schleier der ausströmenden Materie. Zusätzlich
verstärkt eine so genannte Gravitationslinse das Licht des Quasars.
Diese Eigenschaften machen APM 08279+5255 zu einem hervorragenden
Laboratorium, um mittels Röntgenstrahlen die Bedingungen im frühen Universum und
in unmittelbarer Nähe supermassereicher Schwarzer Löcher zu untersuchen. Bei der
Analyse des mit dem europäischen Satelliten XMM-Newton aufgefangenen
Röntgenlichts entdeckten die Wissenschaftler, dass die aus dem Zentrum des
Quasars strömende Materie große Mengen Eisen enthält und konnten sogar den
Anteil dieses Elements im Quasarzentrum - und damit im frühen Universum -
messen. Überraschend ist, dass das Eisen weit gehend allein vorzukommen scheint:
Andere chemische Elemente, wie zum Beispiel Sauerstoff, machen sich kaum
bemerkbar. So ist das Eisen/Sauerstoff-Verhältnis etwa drei- bis fünfmal so hoch
wie in unserem Sonnensystem.
Die Eisenhäufigkeit ist deshalb so wichtig, weil sie eine Art "kosmische Uhr"
darstellt: Seit dem Urknall vor rund 15 Milliarden Jahren werden sämtliche
chemischen Elemente - außer den leichtesten wie Wasserstoff und Helium - in
massereichen Sternen produziert und während gewaltiger
Supernova-Explosionen ins All hinaus geblasen, wo sie wieder für die Entstehung
neuer Sterne zur Verfügung stehen. Bis sich ein gewisser Eisenanteil angesammelt
hat, dauert das eine geraume Zeit: Mindestens eine Milliarde Jahre mussten
vergehen, um zum Beispiel die bei unserer Sonne gefundenen Verhältnisse zu
"erbrüten". Um so erstaunlicher, dass ein so junges Objekt wie APM 08279+5255
bereits einen deutlich höheren Eisengehalt aufweist als unser wesentlich älteres
Sonnensystem. Entweder gibt es eine effizientere Art, Eisen zu erzeugen - quasi
eine Art kosmische "Eisenfabrik" -, oder das Universum ist in der angenommenen
Entfernung des Quasars, bereits viel älter als bisher gedacht.
Die neuen Beobachtungen zeichnen ein extremes Bild für den Innenbereich von
APM 08279+5255: Es muss ein wahres Feuerwerk an Supernovae im Zentrum des
Quasars gegeben haben, um so viel Eisen zu erzeugen. Nicht nur das: Um die hohe
Leuchtkraft von APM 08279+5255 und den hohen Materieausfluss aus dem
Quasarzentrum aufrechtzuerhalten, müssen jährlich sehr viele Sonnenmassen an
Sternenstaub verschluckt und zum Teil wieder hinaus geblasen werden. Doch selbst
eine besonders hohe Rate an Supernovae kann - wegen der langen Lebensdauer der
Sterne, die als Supernova enden - nur schwer erklären, warum so früh in der
Entwicklung des Universums so viel Eisen erzeugt wurde. Erklärt werden könne das
nur, wenn das Universum tatsächlich älter ist als angenommen - ein
weiterer unabhängiger Hinweis auf eine mysteriöse "Dunkle Energie", die das
Universum heute noch auseinander zu treiben scheint.