Mit Hilfe des Blanco Teleskops in Chile und mit gehöriger
Unterstützung von Einsteins Theorien haben Astronomen einen lichtschwachen
Galaxienhaufen aufgespürt, der aus mindestens 15 Galaxien besteht. Dabei
verriet sich der Haufen nur durch seine Masse und nicht etwa durch Licht.
Massenverteilung in der beobachteten Himmelsregion. Der rote
Punkt unten rechts verrät den neu entdeckten Galaxienhaufen.
Bild:
Lucent Technologies' Bell Labs/NAOA/AURA/NSF |
Mit Hilfe dieser neuen Methode, die so genannte 3-D Massentomographie, hoffen
die Forscher in Zukunft großräumige Suchen nach dunkler Materie durchführen zu
können. Auf diese Weise könnte man dann unabhängig aktuelle Theorien übe die
Ausdehnung des Universums testen. "Die meisten dynamischen Veränderungen im
Weltall rühren von der Masse der Objekte her und nicht etwa von ihrem sichtbaren
Licht oder anderer elektromagnetischer Strahlung", erläutert Anthony Tyson von
den Lucent Technologies' Bell Labs. "Mit dieser fundamental neuen
Herangehensweise können wir Masse statt Licht messen und das basiert auf simpler
Physik. Bei Licht müssen wir immer eine ganze Reihe von Effekten berücksichtigen
und aus oft winzigen Variationen Eigenschaften von Objekten berechnen, was dann
zu Fehlern führen kann."Schon oft haben sich Astronomen die Tatsache zu Nutze
gemacht, dass massereiche Objekte das Licht auf seinem Weg beeinflussen. Dieses
von Albert Einstein vorhergesagte Phänomen nennt man gemeinhin
Gravitationslinseneffekt. Im Fall des neu entdeckten Galaxienhaufens bildete
dieser eine Gravitationslinse, die das Bild von noch entfernteren Galaxien
beeinflusste. Diese erschienen merkwürdig verzerrt. Mit Hilfe eines
Computerprogramms konnten die Forscher diese entfernten Galaxien aufspüren und
so etwas über den Galaxienhaufen erfahren, der die Störungen verursacht hat. Vor
allem ermittelten sie die so genannte Rotverschiebung des Haufens, also ein Maß
dafür, mit welcher Geschwindigkeit sich der Haufen durch die Ausdehnung des Alls
von uns entfernt. Die ermittelten Ergebnisse wurde später auf traditionellen
Wege bestätigt.
"Wir haben eine Weg gefunden, wie man die Entfernung zu einem Galaxienhaufen
durch das Ausmaß der Verzerrung und die Entfernung zu den Hintergrundgalaxien
ermitteln kann", so Bell Labs-Wissenschaftler David Wittman. "Somit
können wir den Haufen im dreidimensionalen Raum exakt lokalisieren ohne je sein
Licht gesehen zu haben. Dies ist deswegen so wichtig, weil der größte Teil der
Masse des Universums dunkel ist."
Die Entdeckung gelang dem Forscherteam in einem kleinen Himmelbereich im
Sternbild Fische, das sie mit einem 4-Meter Teleskop in Chile beobachteten. Die
Bilder wurden dann mit einem Computerprogramm ausgewertet, das eine
Rotverschiebung von 0,276 für den Galaxienhaufen ermittelte, was etwa einer
Entfernung von drei Milliarden Lichtjahren entspricht. Dieser Wert wurde später
mit traditionellen Methoden mit einem Teleskop auf dem Manua Kea auf Hawaii
bestätigt.
"Mit ein wenig mehr Übung können wir bald wie intergalaktische Goldsucher
nach verborgener dunklen Massenansammlungen suchen", hofft Tyson. "Dies gibt uns
dann die Möglichkeit die Idee vom sich ausdehnenden Universum vollkommen
unabhängig von bisherigen optischen Beobachtungen zu testen." Um dies möglich zu
machen, entwickeln die Forscher gerade ein Konzept für das Large Synoptic
Survey Telescope (LSST), einem 8-Meter-Teleskop, das den gesamten Himmel
systematisch für dieses Verfahren kartieren soll. Nur so dürfte man eine
ausreichende Zahl von entfernten Galaxien finden, um die Idee der Ausdehnung des
Universums zu überprüfen. Denn die Anzahl der Galaxien, die dafür benötigt
werden, ist an sich schon astronomisch: "Wir dürften wohl Milliarden von
Hintergrundgalaxien benötigen für eine komplette Untersuchung und das LSST ist
das einzige Instrument, mit dem das möglich wäre."