Bremen ist zur Zeit die Hochburg der deutschsprachigen Astronomie:
Obwohl die Universität der Hansestadt selbst nicht über ein
astronomisches Institut verfügt, ist sie Gastgeber der jährlichen Tagung
der Astronomischen Gesellschaft. Zur Eröffnung des noch bis zum
Wochenende dauernden Treffens wurde gestern die höchste Auszeichnung der
altehrwürdigen Organisation, die Karl-Schwarzschild-Medaille, an den
Oxforder Professor Sir Roger Penrose verliehen - einem ausgewiesenen
Fachmann für Relativitätstheorie und Schwarze Löcher.
Das Thema "Dynamische Stabilität und Instabilitäten im
Universum" gilt den mehr als 200 Berufsastronomen nur als grobe Richtschnur für ein breites Spektrum
astronomischer Themen: Führende Wissenschaftler, unter anderem auch aus
England und Japan, halten Vorträge über die Bildung und Stabilität
unseres Sonnensystems, über dynamische Instabilitäten in Sternen sowie über die Entwicklung von Sternhaufen und Galaxien
und des gesamten Universums.
Der Tagungsort Bremen, dessen Universität nicht über ein eigenes
astronomisches Institut verfügt, ist aus einem besonderen Grund gewählt
worden: Genau vor 200 Jahren, am 20. September 1800 trafen sich in Lilienthal,
in der damals größten Sternwarte Kontinentaleuropas, die bekanntesten
Astronomen ihrer Zeit. Gauss, Harding, Bessel und Olbers waren an jenem
Tag im diesem Vorort Bremens anwesend, um der Gründung einer Art Vorgängervereinigung
der heutigen Astronomischen Gesellschaft
beizuwohnen, deren vorrangige Aufgabe als sogenannte "Himmelspolizey"
die Koordinierung der Suche nach einem damals zwischen den Planeten Mars
und Jupiter vermuteten Himmelskörpers war.
Einer der prominentesten Teilnehmer der aktuellen Konferenz ist Sir Roger Penrose,
Professor für Mathematik und Physik an der Universität von Oxford.
Penrose war Wegbegleiter des berühmten Stephen Hawking bei der
Erforschung von Schwarzen Löchern und macht sich als Experte auf dem Gebiet
der Gravitationstheorie einen Namen. In der traditionellen
"Schwarzschild-Vorlesung", die der jeweilige Empfänger der Karl-Schwarzschild-Medaille
am Eröffnungstag der Tagung hält, referierte Penrose über die Physik
der Prozesse im Inneren Schwarzer Löcher und über neue Erkenntnisse über
die mögliche Verschmelzung der Gravitations- und Quantentheorie.
Doch die Tagungen der Astronomischen Gesellschaft sind auch ein Forum für
junge Astronomen, die ihre Diplom- und Doktorarbeiten zum ersten Mal vor
einem größeren Fachpublikum vorstellen. Auf den dafür eingerichteten
kleinen Spezialtreffen erhalten sie so die Möglichkeit, erste Erfahrungen
im Präsentieren von wissenschaftlichen Ergebnissen zu sammeln und auch
mit älteren Kollegen aus ihrem Fachbereich in Kontakt zu kommen.
Die Astronomische Gesellschaft wurde 1863 in Heidelberg
gegründet und war bis nach dem Ersten Weltkrieg die einzige größere
internationale astronomische Vereinigung. Diese Rolle übernahm dann die
Internationale Astronomische Union (IAU). Heute ist die AG ein
Zusammenschluss von Astronomen aus den deutschsprachigen Ländern. Der
Internationalität fühlt man sich jedoch auch heute verpflichtet:
Die Tagungssprache ist - wie bei wissenschaftlichen Fachtagungen üblich -
Englisch.