Für Kosmologen war es lange Zeit ein Rätsel: Eigentlich
sollten im Urknall große Mengen Wasserstoffs entstanden sein, doch von
ihnen fehlte bisher jede Spur. Mit Hilfe des Hubble
Weltraumteleskops gelang es nun, diesen verlorengegangene Wasserstoff
aufzuspüren, der vermutlich die Hälfte der "normalen" Materie
im Universum ausmacht.
Wie viel Materie befindet sich im Universum? Diese Frage ist entscheidend
für die Zukunft des Weltalls und gibt unter anderem den Ausschlag dafür,
ob unser Universum ständig weiter expandiert oder irgendwann wieder in
sich zusammenfällt. Leicht scheint es das All den Astronomen aber nicht
machen zu wollen: Nicht nur, dass Kosmologen glauben, dass mindestens 90
Prozent der Materie in Form von exotischer - sogenannter
"dunkler" Materie - vorliegt; sie waren bisher noch nicht einmal
in der Lage die gesamte "normale" Materie im All aufzuspüren.
Diese Situation hat sich dank des Hubble Weltraumteleskops nun
geändert: Die Entdeckung des vermissten Wasserstoffs dürfte zum einen zu
neuen Erkenntnissen über die großräumige Struktur des Universums
führen, bestätigt aber gleichzeitig kosmologische Modelle des Urknalls,
die eben die Produktion einer großen Menge Wasserstoff voraussagen.
"Dies ist ein erfolgreicher und fundamentaler Test der kosmologischen
Modelle", freute sich Todd Tripp von der Universität Princeton, der
die Ergebnisse zusammen mit Kollegen im Fachmagazin Astrophysical
Journal Letters veröffentlichte.
Dabei gelang auch Hubble das Aufspüren des Wasserstoffs nur
indirekt: Die riesigen Wolkengebilde aus heißem Wasserstoff können mit
normalen Beobachtungsverfahren nicht ausgespürt werden - auch von Hubble
nicht. Stattdessen suchte das Weltraumteleskop nach hochionisiertem
Sauerstoff zwischen den Galaxien. Aus der Anwesenheit dieses Stoffes
lässt sich dann das Vorhandensein riesiger Mengen von Wasserstoff
folgern.
Kosmologische Modelle auf Supercomputer haben in den letzten Jahren
solche Wasserstoffstrukturen im Weltall vorausgesagt: Nach den
Simulationen ist das All durchzogen von einem Netz aus Gasströmen und der
Wasserstoff konzentriert sich entlang einer kettenähnlichen Struktur. Wo
sich Ströme kreuzen sollen - so die Modelle - Galaxienhaufen entstehen.
Die Entdeckung des Sauerstoffs gelang Hubble durch die
Beobachtung eines entfernten Quasars. Mit dem Licht dieses Objektes
sammelte das Teleskop auch Informationen über den Raum, den das Licht vom
Quasar auf den Weg zu Hubble durchlaufen hat. Im Spektrum des
Quasars konnte dann nachgewiesen werden, dass das Licht auf seinem
Milliarden Lichtjahre langen Weg mindestens vier unterschiedliche
Wasserstofffilamente durchlaufen hat. "Diese Ergebnisse illustrieren
wunderbar wie gut die Spektroskopie geeignet ist, um fundamentale
Informationen über die gasförmigen Bestandteil des Universums zu
erhalten," freute sich Blair Savage, der für den Hubble-Spektrograph
verantwortlich ist.