Was haltet ihr vom Transhumanismus?

Kibo

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das geht natürlich nicht, denn die Kopie kann nun wirklich nichts dafür, was das Original getan hat. In der modernen Rechtssprechung werden die Kinder ja auch nicht für die Taten ihrer Eltern bestraft. Hier setzte meines Wissens zur Zeit des biblischen Buches Ezechiel ein entsprechendes Umdenken statt.

Es ist dann auch klar, dass die Kopie zum Zeitpunkt der Tat noch gar nicht existierte - sie hat bloss Erinnerungen an diese Zeit "geerbt".

Hallo Bynaus, Hallo Ralf,

Wenn das so ist, dann könnte man ja in der Zukunft rauben und morden wie man möchte. Man geht danach frohen Mutes zur Uploadmaschine, vermacht testamentarisch alles seiner Kopie und stellt die Maschine auf "Kill after Copy"-Modus ein. Die Kopie kann dann fleißig weiter Morden und sich selbst kopieren.

mfg
 

Kibo

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Ich treibe mal das Spielchen weiter:

Stellen wir uns vor:

In ferner Zukunft hat jeder Mensch einen Upload-Körper, zwar aus Fleisch und Blut, aber das Gehirn ist so gestaltet, dass die Software/das Bewusstsein jederzeit übers Internet in einen anderen Uploadkörper übertragen werden kann. Gewünschte Merkmale, wie Haar- und Hautfarbe werden beim Transfer angepasst. Der vorherige Körper wird gelagert und steht für ein anderes transferiertes Bewusstsein zur Verfügung.

Wäscht man sich beim Transfer dann von allen Sünden rein? Soll denn vielleicht der neue Besitzer des Körpers für die Untaten des Vorbesitzers bestraft werden?

mfg
 

zabki

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Ich denke, es wird aber immer klar sein, welches Bewusstsein das Original und welches die Kopie ist
ja, aber doch anhand "materieller" Merkmale (körperliche, Lokalisation in Raum und Zeit). Diese sollen aber der Voraussetzung nach für das "Bewußtsein" keine Rolle spielen. Es wäre also widersprüchlich, wenn man diesen dann doch eine identitätsentscheidende Rolle zuerkennen würde.

Problematischer ist die Frage, ob die Kopie Anspruch auf andere Elemente des Lebens des Originals hat. Das kann den Zugang zu Bankkonten oder einer Arbeitsstelle umfassen, aber auch z.B. Lebenspartner: die Kopie hätte dieselben Gefühle für den Lebenspartner wie das Original... Die Kopie wäre also zunächst nicht nur mittellos, sondern auch einsam:
Jedenfalls sind solche Gesichtspunkte geeigneter, die Problematik zu verdeutlichen, da man wohl geneigt ist, eher einen Strafverzicht für vertretbar zu halten als eine Totalberaubung.

Ich sehe daraus folgenden Ausweg: vor dem Upload teilt die Original-Person ihren Besitz in zwei gleiche, faire Hälften, zwei "Pakete", nennen wir sie A und B. Nach dem Upload darf einer der beiden einen Umschlag ziehen, in dem sich entweder ein "A" oder ein "B" befindet. Da sowohl der Upload als auch das Original sich daran erinnern, dass es sich dabei um eine faire Aufteilung handelte, und die Chancen 50% waren, eines der beiden Pakete zu ziehen, könnten beide damit zufrieden sein.

Warum sollte sich irgendeine potentielle "Kopiervorlage" auf so etwas einlassen wollen, außer sie hat sowieso die Absicht "auszusteigen" oder ihr Leben zu beenden?
 
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Mahananda

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@Mahananda: Ja, du hast recht. Man hat nicht wirklich das Bewusstsein des Wurms hochgeladen. Aber man hat sein Gehirn so simuliert, dass er sich wie das Original verhält - das ist schon mal ein beachtlicher Schritt hin zum Upload.

Das sehe ich nicht so, denn das simulierte System muss seine "Erfahrungen" immer noch selber machen. Im Prinzip also eine Art von Kloning, wo aus einem "Organismus" ein eineiiger Zwilling entsteht, der selber jedoch nicht auf die Erfahrungen des Originals zurückgreifen kann, sondern selber eine eigene Persönlichkeit entwickeln muss. Diese kann ihm nicht implantiert werden, auch wenn man z.B. die gesamte Wikipedia uploadet, um ein wenig Lernstoff vorzugeben ...
 

Bynaus

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@Kibo: Die "Kopie" ist nie das Original. Die Kopie ist ein eigenständiges, neues Lebewesen, das lediglich seine Existenz, seine Fähigkeiten und Erfahrungen einem früheren, unabhängigen Bewusstsein verdankt und mit diesem darüber hinaus die Erinnerungen teilt.

Dein erstes Szenario ist im Grunde genommen ein Amokszenario: Jemand tötet andere und am Ende sich selbst (mit Hilfe der Kopiermaschine). Bloss dass er hier vorher noch eine Kopie seiner selbst (seines Bewusstseins) erstellt, die dann weiter leben "darf". Es findet aber kein "Transfer des Bewusstseins" auf die Kopie statt: das Original, das die Taten begangen hat, ist tot. Die Kopie selbst hat nichts getan. Die Kopie für diese Tat zu bestrafen ist so, als ob ein Mörder einem anderen von seiner Tat erzählt, bevor er sich selbst richtet - und man danach den Zeugen für die Tat des Mörders verantworlich macht.

Zu deinem zweiten Szenario ("ferne Zukunft") ist unklar, ob hier eine Bewusstseinskopie oder eine Bewusstseinsübertragung stattfindet. Ctrl-C-Ctrl-V oder Ctrl-X-Ctrl-V, das ist hier die Frage. ;) Die Details hängen sehr davon ab, wie die Technologie der "Bewusstseinsübertragung" (wie du es nennst) genau funktioniert.

@Zabki: Warum sollte jemand, der kein Interesse hat, seine Kopie mit dem lebensnotwendigen auszustatten, überhaupt erst eine Kopie von sich selbst erstellen wollen? Man zeugt ja auch keine Kinder, um sie dann verhungern zu lassen (naja, zumindest, glücklicherweise, in den allerallermeisten Fällen nicht).
 

Kibo

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Zu deinem zweiten Szenario ("ferne Zukunft") ist unklar, ob hier eine Bewusstseinskopie oder eine Bewusstseinsübertragung stattfindet. Ctrl-C-Ctrl-V oder Ctrl-X-Ctrl-V, das ist hier die Frage. Die Details hängen sehr davon ab, wie die Technologie der "Bewusstseinsübertragung" (wie du es nennst) genau funktioniert.

In der Informatik ist es so einfach. Verschieben und Kopieren von einen Datenträger zu einen anderen sind erst einmal genau das selbe, nur das beim Verschieben noch zusätzlich das Original gelöscht wird. Ich sehe nicht wieso man die Kopie anders behandeln sollte als das Original, sie unterscheiden sich ja auch sonst nicht zum Zeitpunkt des Kopierens. Würde ich die Kopie fragen, was sie vor dem Upload gemacht hat, wird sie mir sicher nicht sagen das sie da noch nicht existent war (ausser vielleicht um strafrechtlicher Verfolgung zu umgehen), aus ihrer Sicht war Sie einfach die Person im Originalkörper.
 

ralfkannenberg

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In der Informatik ist es so einfach. Verschieben und Kopieren von einen Datenträger zu einen anderen sind erst einmal genau das selbe, nur das beim Verschieben noch zusätzlich das Original gelöscht wird. Ich sehe nicht wieso man die Kopie anders behandeln sollte als das Original, sie unterscheiden sich ja auch sonst nicht zum Zeitpunkt des Kopierens.
Hallo Kibo,

aus DNA-Sicht ist jeder Mensch im Wesentlichen eine Kopie seiner beiden Elternteile. Trotzdem wäre es absurd, ihm nicht eine eigene Identität zugestehen zu wollen.

Würde ich die Kopie fragen, was sie vor dem Upload gemacht hat, wird sie mir sicher nicht sagen das sie da noch nicht existent war (ausser vielleicht um strafrechtlicher Verfolgung zu umgehen), aus ihrer Sicht war Sie einfach die Person im Originalkörper.
Wieso: es wäre überhaupt kein Problem, der Kopie den Zeitpunkt, an dem er kopiert wurde, mitzugeben, und wenn ich mich recht entsinne, macht das UNIX-Betriebssystem das ebenfalls. Dann weiss die Kopie, dass sie eine Kopie ist und ab wann sie eigenständig geworden ist.


Freundliche Grüsse, Ralf
 

zabki

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es wäre überhaupt kein Problem, der Kopie den Zeitpunkt, an dem er kopiert wurde, mitzugeben, und wenn ich mich recht entsinne, macht das UNIX-Betriebssystem das ebenfalls. Dann weiss die Kopie, dass sie eine Kopie ist und ab wann sie eigenständig geworden ist.

ja sicher, aber was bedeutet das aus der Sicht der "Kopie"?
"Ich erinnere mich genau an den ersten Kuss mit X, und bis gestern waren wir verheiratet, aber ab heute bin ich bloß die Kopie". Fändest du das so akzeptabel, wenn du eines morgens in dieser Situation aufwachen würdest?
 

zabki

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Warum sollte jemand, der kein Interesse hat, seine Kopie mit dem lebensnotwendigen auszustatten, überhaupt erst eine Kopie von sich selbst erstellen wollen? Man zeugt ja auch keine Kinder, um sie dann verhungern zu lassen (naja, zumindest, glücklicherweise, in den allerallermeisten Fällen nicht).

ungefähr darauf wollte ich hinaus. Das "Lebensnotwendige" geht in dem Fall aber ziemlich weit, es reicht nicht, der Kopie einen ähnlichen Job zu verschaffen, wie man selber hat. Um seiner Verantwortung der Kopie gegenüber gerecht zu werdern, müßte man so ziemlich alles, was an der eigenen Lebenssituation positiv ist, auch der Kopie zukommen lassen.
 

ralfkannenberg

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ja sicher, aber was bedeutet das aus der Sicht der "Kopie"?
"Ich erinnere mich genau an den ersten Kuss mit X, und bis gestern waren wir verheiratet, aber ab heute bin ich bloß die Kopie". Fändest du das so akzeptabel, wenn du eines morgens in dieser Situation aufwachen würdest?
Hallo zabki,

was heisst, ob ich das akzeptabel finde ? Finde ich es akzeptabel, dass meine gene im Wesentlichen von meinen Eltern stammen ? Finde ich es akzeptabel, dass meine Proteine nach einem Schema erzeugt werden, welches ich von meinen Eltern übernehmen musste, ohne selber gefragt worden zu sein ?

Nein, die Frage ist falsch gestellt. Es ist einfach so und es ist eben das Recht der Eltern, Kinder zu zeugen. Aus religiöser Sicht würde man übrigens umgekehrt argumentieren und von Dankbarkeit sprechen, dass ich meine Proteine nach einen Schema erzeugen kann, welches ich von meinen Ekltern übernehmen durfte.

Es kommt da also rasch mal zu einer Wertung.

Ich wäre dann also nicht "bloss" eine Kopie, nein: ich dürfte dann eine Kopie sein, und noch mehr: sie bekommt einen reichen Erinnerungsschatz mit, während sich heutige Kinder dieses Know-How ein Leben lang in der Schule und an der Hochschule im Schweisse ihres Angesichts und oftmals in harter Arbeit erwerben müssen !


Freundliche Grüsse, Ralf
 

Bernhard

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Wenn Du dagegen bei mir "Leichen im Keller" vermutest, so klär dass bitte entweder mit mir per PN oder wenn Dir das zu unangenehm ist mit einem Anwalt Deiner Wahl.
Hallo Bynaus,

ich möche mich nachträglich für diesen Satz bei Dir entschuldigen und dazu erklären, dass dieses ganze Thema bei mir leider mit relativ unangenehmen Erinnerungen an die oben erwähnte Arbeitsstelle verbunden ist. Abgebrochene Arbeitsstellen interpretiere ich zudem gerne als Fehlschläge, obwohl ich eigentlich weiß, dass das heutzutage nicht immer zutrifft.
MfG
 
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ralfkannenberg

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Abgebrochene Arbeitsstellen interpretiere ich zudem gerne als Fehlschläge, obwohl ich eigentlich weiß, dass das heutzutage nicht immer zutrifft.
Hallo Bernhard,

ich habe es Ende 2001 auch als meinen grössten beruflichen Fehlschlag empfunden, als ich ein Dokument in der Hand hielt, in dessen Betreff das Wort "Kündigung" stand. Bis heute ist mir dieser hässliche Moment noch leibhaft in Erinnerung. Damals wurde das Projekt vom Verwaltungsrat eingestellt und ausser dem engsten Gründerkreis und denen persönlich nahestehenden Personen, die von einem externen Käufer übernommen wurden, wurde entgegen anderslautenden Versprechungen allen anderen gekündigt.

Interessanterweise ist dasselbe Ereignis bis heute auch einer meiner grössten beruflichen Erfolge, war es doch neben mir nur noch eine weitere Person, die intern übernommen wurde. Und da wir beide den neuen Arbeitsvertrag vor Beginn der Kündigungsfrist bekamen, konnten wir die Kündigungen vernichten und selber mit dem Wunsch einer internen Veränderung nach Projektabschluss kündigen, was im Lebenslauf natürlich viel schöner aussieht und auch der Firma sehr entgegen kam, brauchten sie doch 2 Kündigungen nicht auszusprechen.

Aber ja, ich erinnere mich noch an die anderen Betroffenen: sie hatten eine Stelle in Aussicht; beim nächsten Mal war die Stelle zu 80% sicher, dann fehlten nur noch einige Details zum Vertrag. Und beim nächsten Mal Treffen hatten sie eine Stelle in Aussicht ...

Ich habe mich dann nicht mehr getraut, zu fragen, zumal sie auch je länger je mehr verzweifelt waren.

Auch wenn ich damals "davonkam", so habe ich an der Arbeitslosigkeit aus grosser Nähe gerochen und ich versichere Dir, dieser Geruch war äusserst unschön.


Ich erinnere mich auch an das grosse Abschiedsfest: da waren dann also die "Helden", die übernommen wurden, wir beide "mittlere", die intern übernommen wurden, sowie die "Loser", denen gekündigt worden ist, eingeladen. Als ich dann einen der "Helden" über die Situation der "Loser" ansprach, meinte der lakonisch, "ach der ..."

Da bei dem Abschiedsfest mein neuer Abteilungschef auch anwesend war, der zu Projektbeginn damals einmal involviert war, kam dieser vor allen Leuten zu mir, gab mir die Hand und sagte laut, wie sehr er sich freue, dass ich nun für ihn arbeite.


Es ist primitiv, aber bis heute erinnere ich mich daran, wie gut das damals getan hat. - Ja, das sind einschneidende Erfahrungen.


Freundliche Grüsse, Ralf
 
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Bernhard

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Hallo Ralf,

Ich erinnere mich auch an das grosse Abschiedsfest: da waren dann also die "Helden", die übernommen wurden, wir beide "mittlere", die intern übernommen wurden, sowie die "Loser", denen gekündigt worden ist, eingeladen. Als ich dann einen der "Helden" über die Situation der "Loser" ansprach, meinte der lakonisch, "ach der ..."
solche Situationen kann man eigentlich nur durch den Schritt in die Selbständigkeit oder als Freiberufler umgehen, weil da solche Abschiedsfeste einfach als Normalität definiert werden :) . Ein Hoch also auf die Mittelständler, Handwerker und Überlebenskünstler.
MfG
 
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zabki

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was heisst, ob ich das akzeptabel finde ? Finde ich es akzeptabel, dass meine gene im Wesentlichen von meinen Eltern stammen ? Finde ich es akzeptabel, dass meine Proteine nach einem Schema erzeugt werden, welches ich von meinen Eltern übernehmen musste, ohne selber gefragt worden zu sein ?

Nein, die Frage ist falsch gestellt. Es ist einfach so und es ist eben das Recht der Eltern, Kinder zu zeugen. Aus religiöser Sicht würde man übrigens umgekehrt argumentieren und von Dankbarkeit sprechen, dass ich meine Proteine nach einen Schema erzeugen kann, welches ich von meinen Ekltern übernehmen durfte.

Es kommt da also rasch mal zu einer Wertung.

Ich wäre dann also nicht "bloss" eine Kopie, nein: ich dürfte dann eine Kopie sein, und noch mehr: sie bekommt einen reichen Erinnerungsschatz mit, während sich heutige Kinder dieses Know-How ein Leben lang in der Schule und an der Hochschule im Schweisse ihres Angesichts und oftmals in harter Arbeit erwerben müssen !

Hallo Ralf,

(im folgenden benutze ich "ORIGINAL" und " KOPIE " als Eigennamen ohne Artikel. Ich setzte außerdem zur Vereinfachung voraus, daß der "Kopiervorgang" mit Wissen und Einverständnis von ORIGINAL getätigt wurde).

Was du schreibst, ist in meinen Augen nicht falsch, aber handelt nur von einer Seite der Problematik. Du schaust gewissermaßen (legitimerweise) von außen darauf, es gibt aber noch die (ebenso legitimen) "Innenansichten" namentlich von KOPIE (aber natürlich auch von ORIGINAL).

Was nun "von außen" wie ein Geschenk betrachtet werden mag - du vergleichst das Verhältnis ORIGINAL - KOPIE mit dem von Eltern - Kindern, in dem die Kinder ihren Eltern Existenz und Lebensunterstützung verdanken - das ist aus der Sicht von KOPIE kein Geschenk, sondern ein Raub, denn aus dieser seiner Sicht existiert KOPIE nicht erst ab Zeitpunkt Tk (Erstellung der Kopie), sondern ab Zeitpunkt Tg (Geburt von ORIGINAL), sie erinnert sich an ihre Kindheit usw., und zwar nicht so, wie man sich erinnert, dies und jenes in einem Buch gelesen zu haben, sondern als selbsterlebt - das muß man genau auseinanderhalten. Und das "Selbsterlebte" soll KOPIE nun "in Wirklichkeit" nicht als Selbsterlebtes zugehören, sondern nur bekannt sein wie etwas Gelesenes. Aus der Sicht von KOPIE entsteht diese nicht zum Zeitpunkt Tk, sondern erleidet eine Statusänderung. Sie wird ihrer "Wirklichkeit" beraubt, die sie aufgrund ihrer Erinnerungen hat.

Nun hat KOPIE natürlich die Möglichkeit, zugleich mit der Innenperspektive die Außenperspektive einzunehmen (wie wir alle das tun). KOPIE kann sich also von sich "distanzieren", und sie könnte veranlaßt sein, diese Möglichkeit zu begrüßen, z.B. wenn das Leben von ORIGINAL (und also auch das bisherige Leben von KOPIE) vermurkst ist (darum schrieb ich von Aussteiger und Selbstmord) - es wird dann sozusagen etwas Negatives geraubt.

Es dürfte sogar nicht schwer für KOPIE sein, rein wissensmäßig sich selbst in der Außenperspektive auf sich selbst als KOPIE zu akzeptieren, verfügt sie doch über die gesamte Erinnerung von ORIGINAL, also auch von Planung und Einverständnis mit dem Kopiervorgang. ORIGINAL konnte sich kopieren lassen, ohne besondere Rücksicht auf die nachherige Lage von KOPIE nehmen zu müssen, denn es wußte, daß es ORIGINAL bleiben würde. KOPIE findet sich nun in der absurden Lage, daß sie sich als selbst einverstanden gewesen mit dem Kopiervorgang vorfindet, und prinzipiell auch mit der Einsicht in die künftige Lage von KOPIE, und nun das wahrscheinlich unerträgliche Los des KOPIE-Seins gezogen hat.

(Noch der Korrektheit halber eine Anmerkung zum "Zeitstempel": wir sind uns einig, daß man (von außen) ORIGINAL und KOPIE prinzipiell immer unterscheiden kann. Wird allerdings KOPIE ein "Zeitstempel" im Bewußtsein (was immer das sein soll) eingeprägt, handelt es sich nicht um eine 1:1 Kopie. Es scheint mir ganz reizvoll, zu versuchen, sich die Existenz eines "Zeitstempel" im Bewußtsein auszumalen. Hat KOPIE eine Art "fixer Idee" wie "ich wurde am 10.01.100002015 um 10:41 kopiert" ?).

Viele Grüße, zabki
 
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Bernhard

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Es scheint mir ganz reizvoll, zu versuchen, sich die Existenz eines "Zeitstempel" im Bewußtsein auszumalen. Hat KOPIE eine Art "fixer Idee" wie "ich wurde am 10.01.100002015 um 10:41 kopiert" ?).
Wenn die Kopie so etwas wie ein künstliches Bewusstsein besitzt, wird die Kopie natürlich auch wissen wollen, wann sie angelegt wurde. Das Original weiß ja auch, wann die Kopie angelegt wurde.

Man kann die Sache dann weiterspinnen und fragen, ob die Kopie mit der Eigenschaft der Selbstprogrammierung ausgestattet werden sollte. Falls ja, wäre es interessant zu beobachten, ob die Kopie die kopierten Erinnerungen an das Original dann irgendwann als überflüssigen "Balast" einfach löscht und den Zeitstempel als seine eigene Geburt versteht.
MfG
 

zabki

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Wenn die Kopie so etwas wie ein künstliches Bewusstsein besitzt, wird die Kopie natürlich auch wissen wollen, wann sie angelegt wurde. Das Original weiß ja auch, wann die Kopie angelegt wurde.

wann KOPIE erstellt wurde, weiß sie ohnehin - richtig, da ja ORIGINAL es weiß. KOPIE muß das aber nicht als die ganze Wahrheit akzeptieren, und seine Erinnerung auf den Müll schmeißen. Ralfs Idee vom "Zeitstempel" schien mir eine Art zwangsweiser Implementierung eines Bewußtseinsinhaltes zu sein, darum sprach ich von "fixer Idee".

Man kann die Sache dann weiterspinnen und fragen, ob die Kopie mit der Eigenschaft der Selbstprogrammierung ausgestattet werden sollte. Falls ja, wäre es interessant zu beobachten, ob die Kopie die kopierten Erinnerungen an das Original dann irgendwann als überflüssigen "Balast" einfach löscht und den Zeitstempel als seine eigene Geburt versteht.
Unter "Selbstprogrammierung" verstehst du noch etwas anderes als die zum Bewußtsein gehörende Fähigkeit, sich zu sich selbst verhalten zu können - sondern sozusagen als eine Fähigkeit zu beliebiger "Umprogrammierung"? - Es ist schwer vorstellbar für mich, daß KOPIE sich so umprogrammieren kann, daß die Erinnerung daran, ORIGINAL gewesen zu sein gelöscht wird, aber die Erinnerung an die Existenz als KOPIE beibehalten wird, denn letztere enthält ja Erinnerungen an ORIGINAL. Und ein vollständiges Löschen der Erinnerungen würde wohl bedeuten, daß zu Zeitpunkt Tu (Umprogrammierung von KOPIE) die Person KOPIE vernichtet würde und eine neue Person UMPROG entstünde.
 

Bynaus

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Hallo Bernhard, ich hab deine Antwort erst jetzt gesehen. Ist alles okay und vergessen, kein Problem. Ich war damals überrascht, aber nicht wirklich sauer. Ich "kenne" dich ja doch schon länger dachte mir sofort, dass es sich um ein Missverständnis handeln muss. Ich hoffe, dass deine berufliche Situation sich jetzt verbessert hat.
 
R

Ralander

Gast
Hier ein Heise-Interview mit Robert Benedikter.

Ich kann diesem Interview nur zustimmen!

Heute bereits analysieren künstliche, neuronale Netze im Bereich der Börse finanzielle Transaktionen und reagieren darauf!
Der Mensch als Entscheider wäre komplett überfordert und viel zu langsam!

D.h., wir überlassen heute bereits einer "KI" (wenn auch einer rudimentären und sehr spezialisierten "Künstlichen Intelligenz") Entscheidungen über Millionen-Beträge, die teilweise globale Auswirkungen haben.
Das muss man erst einmal "verdauen"!

Es wird debattiert, ob eine solche Entwicklung einsetzen wird oder nicht - aber wir stecken schon mitten drin!
 
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