was heisst, ob ich das akzeptabel finde ? Finde ich es akzeptabel, dass meine gene im Wesentlichen von meinen Eltern stammen ? Finde ich es akzeptabel, dass meine Proteine nach einem Schema erzeugt werden, welches ich von meinen Eltern übernehmen musste, ohne selber gefragt worden zu sein ?
Nein, die Frage ist falsch gestellt. Es ist einfach so und es ist eben das Recht der Eltern, Kinder zu zeugen. Aus religiöser Sicht würde man übrigens umgekehrt argumentieren und von Dankbarkeit sprechen, dass ich meine Proteine nach einen Schema erzeugen kann, welches ich von meinen Ekltern übernehmen durfte.
Es kommt da also rasch mal zu einer Wertung.
Ich wäre dann also nicht "bloss" eine Kopie, nein: ich dürfte dann eine Kopie sein, und noch mehr: sie bekommt einen reichen Erinnerungsschatz mit, während sich heutige Kinder dieses Know-How ein Leben lang in der Schule und an der Hochschule im Schweisse ihres Angesichts und oftmals in harter Arbeit erwerben müssen !
Hallo Ralf,
(im folgenden benutze ich "ORIGINAL" und " KOPIE " als Eigennamen ohne Artikel. Ich setzte außerdem zur Vereinfachung voraus, daß der "Kopiervorgang" mit Wissen und Einverständnis von ORIGINAL getätigt wurde).
Was du schreibst, ist in meinen Augen nicht falsch, aber handelt nur von einer Seite der Problematik. Du schaust gewissermaßen (legitimerweise) von außen darauf, es gibt aber noch die (ebenso legitimen) "Innenansichten" namentlich von KOPIE (aber natürlich auch von ORIGINAL).
Was nun "von außen" wie ein Geschenk betrachtet werden mag - du vergleichst das Verhältnis ORIGINAL - KOPIE mit dem von Eltern - Kindern, in dem die Kinder ihren Eltern Existenz und Lebensunterstützung verdanken - das ist aus der Sicht von KOPIE kein Geschenk, sondern ein Raub, denn aus dieser seiner Sicht existiert KOPIE nicht erst ab Zeitpunkt Tk (Erstellung der Kopie), sondern ab Zeitpunkt Tg (Geburt von ORIGINAL), sie erinnert sich an ihre Kindheit usw., und zwar nicht so, wie man sich erinnert, dies und jenes in einem Buch gelesen zu haben, sondern
als selbsterlebt - das muß man genau auseinanderhalten. Und das "Selbsterlebte" soll KOPIE nun "in Wirklichkeit" nicht als Selbsterlebtes zugehören, sondern nur bekannt sein wie etwas Gelesenes. Aus der Sicht von KOPIE
entsteht diese nicht zum Zeitpunkt Tk, sondern e
rleidet eine Statusänderung. Sie wird ihrer "Wirklichkeit" beraubt, die sie aufgrund ihrer Erinnerungen hat.
Nun hat KOPIE natürlich die Möglichkeit, zugleich mit der Innenperspektive die Außenperspektive einzunehmen (wie wir alle das tun). KOPIE kann sich also von sich "distanzieren", und sie könnte veranlaßt sein, diese Möglichkeit zu begrüßen, z.B. wenn das Leben von ORIGINAL (und also auch das bisherige Leben von KOPIE) vermurkst ist (darum schrieb ich von Aussteiger und Selbstmord) - es wird dann sozusagen etwas Negatives geraubt.
Es dürfte sogar nicht schwer für KOPIE sein, rein wissensmäßig sich selbst in der Außenperspektive auf sich selbst als KOPIE zu akzeptieren, verfügt sie doch über die gesamte Erinnerung von ORIGINAL, also auch von Planung und Einverständnis mit dem Kopiervorgang. ORIGINAL konnte sich kopieren lassen, ohne besondere Rücksicht auf die nachherige Lage von KOPIE nehmen zu müssen, denn es wußte, daß es ORIGINAL bleiben würde. KOPIE findet sich nun in der absurden Lage, daß sie sich als selbst einverstanden gewesen mit dem Kopiervorgang vorfindet, und prinzipiell auch mit der Einsicht in die künftige Lage von KOPIE, und nun das wahrscheinlich unerträgliche Los des KOPIE-Seins gezogen hat.
(Noch der Korrektheit halber eine Anmerkung zum "Zeitstempel": wir sind uns einig, daß man (von außen) ORIGINAL und KOPIE prinzipiell immer unterscheiden kann. Wird allerdings KOPIE ein "Zeitstempel"
im Bewußtsein (was immer das sein soll) eingeprägt, handelt es sich nicht um eine 1:1 Kopie. Es scheint mir ganz reizvoll, zu versuchen, sich die Existenz eines "Zeitstempel" im Bewußtsein auszumalen. Hat KOPIE eine Art "fixer Idee" wie "ich wurde am 10.01.100002015 um 10:41 kopiert" ?).
Viele Grüße, zabki