MarsOne: Ethische Bedenken

ralfkannenberg

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Hallo zusammen,

wie schon angekündigt möchte ich die Thematiken um MarsOne etwas entflechten.

Hier ist also der Thread, in dem ethische Bedenken und Wertvorstellungen angesprochen werden können. In diese Thematik gehört auch, wie weit die individuelle Freiheit geht, wo möglicherweise - beispielsweise durch religiöse Gruppen - Einfluss genommen wird, der die freien Entscheidungsfähigkeit einschränkt und ob es höher zu gewichten ist, dass man bereits frühzeitig eine Mission starten kann oder ob es höher gewichtet werden soll, dass man eine havarierte Mannschaft wieder zur Erde zurückbringen kann.

Ebenfalls in diese Thematik gehören Fragestellungen der Art, ob es vertretbar ist, auf dem Mars eine Schwangerschaft auszutragen, obgleich man keinerlei Erfahrung mit Schwangerschaften unter verminderter Schwerkraft hat.


Viel Spass und freundliche Grüsse, Ralf
 

Bynaus

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Ich finde es - wie schon oft gesagt - völlig absurd, einem erwachsenen Menschen vorschreiben zu wollen, wo er gefälligst den Rest seines Lebens zu verbringen hat. So lange diese Auswanderungswilligen das freiwillig tun und nicht irgend jemandem direkten Schaden zufügen, gibt es keinen Grund, warum man ihnen das Auswandern verbieten sollte. Möglichkeit auf Wiederkehr hin oder her. Genausowenig wie man jemandem verbieten kann, auf einer einsamen Insel im Norden Grönlands zu leben, wenn er/sie das unbedingt will. Alles andere läuft letztlich auf Bevormundung und die Heranzüchtung von geistigen Monokulturen hinaus. In einer solchen Gesellschaft wäre es erst recht angezeigt, auszuwandern und sich eine freiheitlichere Gesellschaft zu suchen - und wenns auf dem Mars sein muss.

Ob es vertretbar ist, auf dem Mars eine Schwangerschaft auszutragen, ist da schon eher eine ernsthafte ethische Frage, denn schliesslich kommen da Lebewesen ins Spiel, die sich nicht für oder gegen eine Auswanderung auf den Mars entscheiden konnten. Allerdings gestehen wir Eltern heute (eigentlich schon immer) zu, über die Lebensumstände ihrer Nachfahren zu entscheiden: wir verbieten ja auch niemandem, in die USA auszuwandern, weil sie dort Kinder bekommen könnten, die dann ihrerseits nicht entscheiden konnten, ob sie überhaupt in die USA wollen... (dieselbe Frage stellt sich übrigens auch im Fall von Generationenschiffen) Konkret würde ich aber hoffen, dass die Marssiedler zunächst den Ausgang von entsprechenden Experimenten mit Tieren abwarten, bevor sie selbst Kinder auf die Welt - bzw. den Mars - stellen. Ein zusätzliches ethisches Problem könnte es dann darstellen, dass Kinder, die auf dem Mars aufwachsen, nur mit Mühe wieder an die Schwerkraft der Erde gewöhnt werden könnten, dh, ihre Rückkehr auf die Erde wäre erschwert (liesse sich allenfalls durch Exoskeletons etc. erleichtern). Immerhin gibt es mit Merkur noch eine zweite Welt im Sonnensystem mit ~38% der irdischen Schwerkraft.
 
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mac

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Hallo Ralf,

danke für Deine Initiative zur Aufteilung dieser Diskussion. Ich begrüße das sehr! :)

das ist aber heikel, denn mit dieser Argumentation könnten mir meine Lieben, die sich nur Sorgen um mich machen, verbieten, das Haus zu verlassen und über die Strasse zu gehen. Und sie könnten Ihr Verbot sogar mit Studien untermauern, dass zahlreiche Unfälle im Strassenverkehr passieren.
Du hast es vielleicht überlesen? Es ging bei dieser Aussage nicht um meine Auffassung, sondern ‚nur‘ darum wie eine solche (von Sissy stammende) Definition von ihr interpretiert wird.

Wenn Sissy schreibet,
Die Grenzlinie ziehe ich da, wo durch meine Handlung anderen Menschen bewußt Schaden zugefügt werden würde.,
sich aber in angeführtem Beispiel
Entscheidungen/Handlungen, deren Risiko ich alleine trage, sind mein gutes Recht. ... Wenn ich beschließe, im Reinen mit mir und dem Universum im Lotussitz auf einem Berggipfel zu verhungern/erfrieren, wen schädige ich damit?
nicht (mehr?) daran hält, dann frage ich nach dem Interpretationsspielraum für ‚schaden‘. Warum Du das nun als heikel empfindest, verstehe ich nicht.

Meine Auffassung dazu hatte ich doch eigentlich (so kam es mir jedenfalls vor) klar und deutlich geschrieben (Stichwort Interessenausgleich)


Es gibt also Situationen, in denen die Lieben trotz lauter Sorge und trotz bester Absicht keine Verbote aussprechen dürfen.
Oh ja!

Aber auch sie dürfen genauso ihre, so wie ich meine Interessen vertreten. Wie wir dann damit umgehen, sie ausgleichen, ist Einzelfallabhängig.

Es ist auch möglich (anscheinend gar nicht so selten) einfach immer nur seine Interessen durchzusetzen. Der umgekehrte Fall ist, vermute ich, wahrscheinlich noch häufiger.

Herzliche Grüße

MAC
 

ralfkannenberg

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Wenn Sissy schreibet, sich aber in angeführtem Beispiel nicht (mehr?) daran hält, dann frage ich nach dem Interpretationsspielraum für ‚schaden‘. Warum Du das nun als heikel empfindest, verstehe ich nicht.
Hallo Mac,

das läuft letztlich auch wieder auf die Frage hinaus, was höher zu gewichten ist: die eigene Freiheit oder die Fürsorglichkeit anderer. Mag man Kindern oder Unmündigen hier weniger Rechte zur Umsetzung ihrer Freiheits-Ideen zugestehen und mag es dafür auch sehr gute und notwendige Gründe geben, so sollte es diese Einschränkung bei erwachsenen und mündigen Personen nur noch dann geben, wenn die Freiheit anderer durch das Umsetzen der eigenen Freiheit eingeschränkt wird.


Mir ist natürlich bewusst, dass diese Gedanken sauberer definiert werden müssten, das möge aber bitte eine Fachperson auf diesem Gebiet tun, dazu fehlt mir einfach das Knowhow.


Freundliche Grüsse, Ralf
 

Kibo

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Schade das wir niemanden im Forum haben, der sich bei MarsOne freiwillig gemeldet hat und angenommen wurde.
 

MGZ

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Falls Mars One tatsächlich als so eine Art Reality Show finanziert werden soll, dann werde ich die Sache auf jeden Fall boykottieren. Meiner Meinung nach ist das ein Himmelfahrtskommando. Es ist eine Sache, jemanden Risiken eingehen zu lassen und eine ganz andere Sache, ihn bei diesen Risiken auch noch zu ermutigen oder finanziell zu unterstützen.
 

Alex74

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Ich glaube hier kollidiert unsere heutige, westliche Sicht auf die Welt mit der Sicht wie sie noch im Zeitalter der Entdeckungen vorherrschte. Noch vor 100 Jahren war es als Mittel zum Zweck völlig OK, Ponys und Hunde auf dem Weg zum Südpol zu schlachten und zu essen. Heute undenkbar.

An welchen Punkten nun würde sich ein Unternehmen wie MarsOne unterscheiden von folgenden realen Ereignissen und Unternehmungen:

-Waghalsige Versuche, den Mount Everest zu besteigen mit hoher Wahrscheinlichkeit, das nicht zu überleben (Beweis: die Realität tausender Todesopfer an diesem Berg)
-Expeditionen im Rahmen der Suche nach der Nordwestpassage oder den jeweiligen vermissten Schiffen (die insgesamt nochmal weit mehr Tote forderte), mit bekannter hoher Wahrscheinlichkeit, nicht mehr wieder lebend zu kommen (Beweis: die jeweilig vorangegangenen Fahrten...)
-Soldaten die sich nach Afghanistan oder ähnliches schicken lassen mit dem klaren Wissen, das Risiko einzugehen nicht mehr (gesund oder lebend) zurückzukehren (Beweis: die Realität hunderter toter westlicher Soldaten und tausender verkrüppelter)
-Minderbemittelte, die in Realityshows/Castingshows/etc. mitmachen obwohl jeder der klar bei Verstand ist genau weiß daß man lediglich ausgenutzt wird und hinterher nicht berühmt wird, im Gegenteil, höchstenfalls Spott erntet. Und das mit Recht.

All diese Leute wurden und werden bereits ausgenutzt durch die Lüge (sic!), es könne gut gehen oder es sei etwas zu erreichen.
Diese Lüge bekommen Teilnehmer von MarsOne erst gar nicht präsentiert. Die Leute kommen nicht zurück, Punkt.

Moralisch und ethisch finde ich das OK genug um sagen zu können: macht was Ihr denkt, Ihr schadet damit niemandem außer Euch selbst.
 

Bynaus

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Den Forenteilnehmer möchte ich sehen, der bei der ersten Landung eines Menschen auf dem Mars tatsächlich den Fernseher (oder den Videofeed, von mir aus) ausmacht und sagt: das boykottiere ich! :D Rückfahrtsticket hin oder her.

Menschen werden ständig "ermutigt und finanziell unterstützt", Risiken einzugehen. Zum Beispiel Baumgartners Sprung aus dem Ballon, unterstützt und gesponsert von Red Bull. Hast du das auch boykottiert? Wie ist es mit Skirennfahren, Autorennsport, Guiness Buch der Rekorde, etc.?

Ich denke, ihr seid alle (die meisten) viel zu negativ, was MarsOne und die Erfolgsaussichten angeht. Menschen sind kreativ, und im Team sind sie (fast) unschlagbar. Diese Menschen werden 668 Tage im Jahr, 24.6 Stunden pro Tag an der Lösung ihrer ganz alltäglichen, grossen und kleinen Probleme arbeiten. Sie haben ja sonst fast nichts zu tun... Wenn Menschen praktisch ohne Technik in der Arktis überleben können - dann können Menschen auch mit genügend Technik und Fernunterstützung auf dem Mars überleben. Die Unterschiede sind nicht so dramatisch gross. Draussen ist es wahnsinnig kalt, die einzige Behausung sind kleine Kuppeln, Nahrung, Licht sind limitiert... beim Mars kommen noch Anzüge draussen dazu, dafür muss man nicht jagen gehen. Wir haben mehr Strahlung, dafür aber auch moderne Medizin, Strom, Licht, 3D-Drucker, Kontakt zu Menschen auf einem Planeten mit 7 Mrd Einwohnern, der nur 20 bis 60 Lichtminuten entfernt ist (im Gegensatz zu mehreren Tagesreisen bis zum nächsten Nachbar in der Arktis - ein Weg). Ein Knackpunkt wird die Energie sein, aber wenn tatsächlich genügend dieser Thinfilm-Solarzellen zum Mars geschafft werden (und später fortschrittliche, kompakte Atomreaktoren), lässt sich fast jedes Problem lösen.
 

ralfkannenberg

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Falls Mars One tatsächlich als so eine Art Reality Show finanziert werden soll, dann werde ich die Sache auf jeden Fall boykottieren. Meiner Meinung nach ist das ein Himmelfahrtskommando. Es ist eine Sache, jemanden Risiken eingehen zu lassen und eine ganz andere Sache, ihn bei diesen Risiken auch noch zu ermutigen oder finanziell zu unterstützen.
Hallo MGZ,

weisst Du eigentlich, wann die erste überlebte Skiabfahrt vom Matterhorn war ?

Du hast richtig gelesen: da sind welche mit Skiern auf dem Buckel auf das Matterhorn gekraxelt, haben die Ski oben angeschnallt und sind dann wieder hinuntergefahren. Und wie man der Frage entnehmen kann haben die ersten das nicht überlebt. Ebensowenig wie die ersten, die versucht haben, die Eigernordwand zu durchqueren. Über einen dieser "Helden" (Toni Kurz) wurde erst kürzlich ein Film gedreht, der meiner Erinnerung nach sogar recht gut besucht war und nicht boykottiert wurde.

Und ja - das waren wirklich Himmelfahrtkommandos !


Freundliche Grüsse, Ralf


P.S: Die Referenz zur ersten überlebten Skiabfahrt des Matterhorns befindet sich im Buch von Heckmair, dem Erstdurchquerer der Eigernordwand.
 

zabki

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Den Forenteilnehmer möchte ich sehen, der bei der ersten Landung eines Menschen auf dem Mars tatsächlich den Fernseher (oder den Videofeed, von mir aus) ausmacht und sagt: das boykottiere ich! :D Rückfahrtsticket hin oder her.

Also ich habe die Übertragung der ersten Mondlandung verschlafen, zur Verwunderung meiner Angehörigen, denn ich war in der Famile der astronomisch Interessierte und hatte Wernher von Brauns Bücher verschlungen. Daher bin ich sicher, bei MarsOne das auch zu schaffen :D
 
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mac

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Hallo Ralf,

ich hatte Dich so verstanden, dass die Kandidaten so "konditioniert" würden, dass wenn sie mal mit dem Training angefangen haben kein Zurück mehr kennen, auch wenn ihnen Bedenken kämen.
Nachdem ich das gelesen hatte, hab' Ich nochmal versucht das aus meinen Posts heraus zu lesen, es gelingt mir nicht.

Wenn ich mir vor Augen halte, wie wir bis hier her gekommen sind, dann könnte eine Erklärung für solch eine Interpretation vielleicht sein, daß Du hier einem selbstverstärkenden Prozess unterliegst. Du glaubst einen ‚Angriff‘ auf Deine Auffassung/en zu erkennen und verwahrst Dich dagegen. Beim nächsten Mal folgst Du schon ein wenig mehr einer entsprechenden Erwartungshaltung, suchst also schon ein wenig nach einem solchen Angriff und denkst mit Priorität an seine Abwehr. Von Mal zu Mal wird dieser Vorgang immer stärker, bis Du, so wie hier das Gelesene nicht mal mehr versuchst aus einer anderen Perspektive wahrzunehmen.

Ich habe so etwas nicht geschrieben.

Auch das Milgram-Experiment diente nicht einer Konditionierung, es hat allenfalls eine biologische Konditionierung aufgedeckt, der 95% alle Menschen auf dieser Welt nahezu hilflos unterliegen. (Sie verweigerten ihre ‚Mitarbeit‘ auch bei vorgespielter Verweigerung nicht. Zahl aus dem Gedächtnis zitiert.)

Objektiv kann man aus diesem Projekt nur vor dem Start aussteigen. Wenn alles gut geht, ist das der zeitlich kürzere Teil der Angelegenheit.

Subjektiv wird sowas aber umso schwerer, je mehr man sich einer solchen Gruppe verpflichtet fühlt. Was ja für sich genommen ein sehr bedeutender Vorteil für das Überleben einer Gruppe sein kann, was ja auch wesentliche soziologische Grundlage für Teamarbeit ist und nicht erst in der Menscheitsgeschichte wohl auch offensichtlich so war, sonst gäbe es eine solche biologische ‚Konditionierung‘ ja wohl kaum.

Leider kann, wurde und wird aber eben diese Konditionierung auch auf die perfideste undenkbare Weise ausgenutzt, um mal einen extremen Gegenpol dazu zu stellen, wie wenig harmlos sowas werden kann.

Und um etwas für unser Thema neutraleres, noch vergleichbar harmloses dazu zu stellen: Schülerklicken und was tue ‚ich‘, nur um dazu zu gehören. Für manche (auch mich) war/ist das kein Thema, aber für andere ist das die Hölle ihrer Jugend gewesen und wieder für Andere das Paradies ihrer Jugend.

Herzliche Grüße

MAC
 

ralfkannenberg

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Hallo Ralf,

Nachdem ich das gelesen hatte, hab' Ich nochmal versucht das aus meinen Posts heraus zu lesen, es gelingt mir nicht.

Wenn ich mir vor Augen halte, wie wir bis hier her gekommen sind, dann könnte eine Erklärung für solch eine Interpretation vielleicht sein, daß Du hier einem selbstverstärkenden Prozess unterliegst. Du glaubst einen ‚Angriff‘ auf Deine Auffassung/en zu erkennen und verwahrst Dich dagegen. Beim nächsten Mal folgst Du schon ein wenig mehr einer entsprechenden Erwartungshaltung, suchst also schon ein wenig nach einem solchen Angriff und denkst mit Priorität an seine Abwehr. Von Mal zu Mal wird dieser Vorgang immer stärker, bis Du, so wie hier das Gelesene nicht mal mehr versuchst aus einer anderen Perspektive wahrzunehmen.

Ich habe so etwas nicht geschrieben.
Hallo Mac,

Du hattest etwas von "Moral verkaufen" geschrieben und Sissy (nicht nur sie) hatte das hinterfragt.

Das hast Du dann wie folgt erklärt:

mac schrieb:
Anders als Dein Entschluß ins Grüne zu gehen, findet das gesamte Projekt (nicht nur Dein Part) nur statt, wenn Du Dich daran beteiligst. (daß Du hier zunächst beliebig austauschbar bist, spielt dabei keine Rolle)
Genau ab dem Zeitpunkt Deiner Anmeldung bist Du nicht mehr nur für Dich (wie Du es gerne betonst und wie es in Reinkultur trotzdem niemals ist) sondern für das gesamte Projekt mitverantwortlich. Was ja auch ähnlich wäre bei z.B. einer Seilschaft (nicht der im Übertragenen Sinne)

Und einige Absätze später führst Du wie folgt aus:
mac schrieb:
Was Du dabei in meiner Wahrnehmung nicht siehst, vielleicht weil es bei den von Dir bestandenen ‚Abenteuern‘ irrelevant war, Du bist schon zu diesem Zeitpunkt nicht mehr nur für Dich selber zuständig. Du bist inzwischen Teil einer Gruppe, die alle demselben Ziele entgegenfiebern.

Durch diese Entwicklung werden Deine individuellen Entscheidungen proportional zum Fortschritt des Unternehmens zunehmend unfreier.
Und diese angebliche Mitverantwortung, diese Unfreiheit, diesen von Dir konstruierten Gruppendruck, das alles teile ich nicht. Wenn dem so wäre müsste man diese Mission tatsächlich umgehend verbieten, aber es handelt sich nach wie vor um mündige Menschen. Ja ich gehe sogar noch einen Schritt weiter: bei der Kandidatenauswahl muss darauf geachtet werden, dass man keine Kandidaten hat, die einem solchen Gruppendruck erliegen.

Bei der grossen Anzahl Kandidaten kann jederzeit ein Ersatz-Kandidat ausgewählt werden, ja muss sogar: falls während der doch mehrjährigen Vorbereitung ein Kandidat eine schwerwiegende Krankheit erleidet, kann man ihn sowieso nicht auf den Mars schicken. Bei den Apollo-Missionen war ein solcher "Kandidaten-Austausch" übrigens gang und gäbe.

Du hast insofern recht, dass es das Wort "konditioniert" vermutlich nicht richtig trifft, es ist vielmehr ein falsch verstandenes Verantwortungsgefühl und ein falsch verstandener Gruppendruck, dem ich bei Deiner Argumentation nicht zustimme.

Bemerkenswerterweise hat die französische Kandidatin, die gestern vorgestellt wurde, sich genau diese Option ebenfalls freigehalten.


Freundliche Grüsse, Ralf
 

Sissy

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Hi Bynaus,

Ich finde es - wie schon oft gesagt - völlig absurd, einem erwachsenen Menschen vorschreiben zu wollen, wo er gefälligst den Rest seines Lebens zu verbringen hat. So lange diese Auswanderungswilligen das freiwillig tun und nicht irgend jemandem direkten Schaden zufügen, gibt es keinen Grund, warum man ihnen das Auswandern verbieten sollte. Möglichkeit auf Wiederkehr hin oder her. Genausowenig wie man jemandem verbieten kann, auf einer einsamen Insel im Norden Grönlands zu leben, wenn er/sie das unbedingt will. Alles andere läuft letztlich auf Bevormundung und die Heranzüchtung von geistigen Monokulturen hinaus. In einer solchen Gesellschaft wäre es erst recht angezeigt, auszuwandern und sich eine freiheitlichere Gesellschaft zu suchen - und wenns auf dem Mars sein muss.

ich schließe mich Deiner Auffassung uneingeschränkt an.

Ich hab im Bekanntenkreis derzeit ein sehr gut passendes Beispiel dazu:

ein Ehepaar, das in wenigen Monaten in Rente geht. Sie haben 4 Kinder und 7 Enkel, Nr. 8 und 9 sind unterwegs. Die Kinder haben selbstverständlich ihren Wohnort nach ihrer Arbeitsstelle gewählt, ohne die Eltern um "Erlaubnis" zu fragen. Die Familie ist also über ganz Deutschland verteilt. In den Sommerferien traf man sich mit den Enkeln im elterlichen Haus. Weihnachten 2013 erzählte das Ehepaar den Kindern, daß es das letzte gemeinsame Weihnachtsfest im Elternhaus ist. Das Haus steht samt großem Grundstück zum Verkauf an, sie wollen nach Teneriffa auswandern. Eine Finka ist bereits gefunden und soll demnächst gekauft werden.

Das Ehepaar spricht fließend englisch und spanisch, kennt aus vielen Urlauben auf Teneriffa etliche Einheimische am Ort ihrez zukünftigen Heimes und möchte dort im für sie angenehmeren Klima den Lebensabend verbringen. Beide freuen sich schon sehr auf diesen neuen Lebensabschnitt, wollen die Finka in Eigenregie modernisieren, so daß sie genau ihren Bedürfnissen entspricht und sich im Ort bei verschiedenen Vereinen einbringen. Sich also komplett in die Gemeinde integrieren.

Bei den Kindern hat das große Bestürzung ausgelöst: "Ihr dürft nicht wegziehen, Ihr dürft unser Zuhause nicht verkaufen. Ihr seid egoistisch und gemein. Was ist mit den Enkeln? Die sehen Euch nie wieder, wenn ihr nach Teneriffa abhaut. Wie sollen wir als Familie existieren, wenn ihr alles zerstört?"

Ja gehts noch? Die Kinder haben kein Recht, ihren Eltern vorzuschreiben, wo sie wohnen oder was sie mit ihrem Vermögen anstellen sollen...

Sissy
 

Bynaus

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Sissy schrieb:

Ja, das sehe ich auch so. Wobei ich natürlich den Kindern ihre Gefühle nicht verübeln kann, und man ihnen schon auch erlauben muss, sich entsprechend zu äussern - aber das ändert nichts daran, dass die Eltern absolut das Recht haben, über ihr Leben zu entscheiden, wie sie es für richtig befinden (und dieses Recht sollten die Kinder auch anerkennen, wenn sie sich kritisch äussern). Die Kinder sind erwachsen und nehmen sich ja deshalb selbst auch das Recht heraus, zu leben, wo immer es ihnen beliebt (bzw., wo immer die Arbeitsstelle ist).
 

mac

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Hallo Sissy,

Ja gehts noch? Die Kinder haben kein Recht, ihren Eltern vorzuschreiben, wo sie wohnen oder was sie mit ihrem Vermögen anstellen sollen...
Das sehe ich genau so, incl. der Erweiterung von Bynaus dazu. (und das ganz ohne derlei Ansprüche meiner vier Kinder)

Herzliche Grüße

MAC
 

zabki

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M.E. verbinden sich bei MarsOne 2 oder 3 normalerweise ganz verschiedene Vorgänge miteinander, nämlich:

(1) gefährliche wissenschaftliche Expedition
(2) gefährlicher Extremsport
(3) Auswanderung

Bei (1) und (2) spielen gewöhnlich Kinder keine Rolle, es wäre jedefalls ethisch nicht vertretbar, Kinder dadurch zu gefährden.

Bei (3) können normalerweise (auch zukünftige) Kinder involviert sein, aber Auswanderung wird auch nur dann stattfinden, wenn man eine Verbesserung der eigenen Lebensverhältnisse erwartet, zumindestens nicht mit einer Verschlechterung rechnet, insbesondere nicht für Kinder (was natürlich täuschen kann).

Nun ist MarsOne aber ein Unternehmen, das Auswanderung in einen Dauerzustand von gefährlicher wissenschaftlicher Expedition/Extremsport vorsieht. Da ist es m.E. höchst zweifelhat, ob es ethisch vertretbar ist, dies zukünftigen Kindern zuzumuten.

Die Unsicherheit betr. gravierender gesundheitlicher Dauerschäden bei zukünftigen Kindern wurde schon mehrfach angesprochen. Ergänzen möchte ich, daß mir z.B. bei Schwächung des Knochenbaus wegen verminderter Schwerkraft auch eine Schwangere beim Geburtsvorgang besonders gefährdet erscheint.
 

Kibo

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Guten Morgen,

Ich seh da kein großes Problem. Jeder der da mit macht sollte sich im klaren sein, der Einfluss auf die Nachkommen noch nicht hinreichend untersucht ist. Bis die ersten bemannten Raketen starten, wird sich das etwas ändern, Menschenversuche wird es dann aber immer noch nicht gegeben haben. Vielleicht klappt das alles ohne Probleme da, vielleicht ist es mit unserer heutigen medizinischen Ausstattung aber auch noch gar nicht möglich. Wer da hin fliegt geht nun mal das Risiko ein irgendwann die Diagnose gestellt zu bekommen das Kinder zeugen auf dem Mars nicht empfehlenswert ist. Je nachdem wie das Risiko ist, werden die Siedler da Kinder zeugen können/dürfen/wollen oder eben nicht. Ob sie irgendwann mal Kinder zeugen wollen, sollten sie besser vor dem Start überlegen.

mfg
 

ralfkannenberg

Registriertes Mitglied
Die Unsicherheit betr. gravierender gesundheitlicher Dauerschäden bei zukünftigen Kindern wurde schon mehrfach angesprochen. Ergänzen möchte ich, daß mir z.B. bei Schwächung des Knochenbaus wegen verminderter Schwerkraft auch eine Schwangere beim Geburtsvorgang besonders gefährdet erscheint.

Hallo zabki,

jemandes Frau ist schwanger und bei einer Routine-Untersuchung innerhalb der ersten 3 Monate stellen die Eltern fest, dass das Kind Trisomie 21 hat.

Was nun: sollen sie "Verantwortung" tragen und abtreiben ? - Vielleicht sogar deswegen, weil behinderte Kinder "weniger wert" sind ?

Oder liegt hier einfach nur ein falscher Verantwortungsbegriff vor ?


Freundliche Grüsse, Ralf
 

mac

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Hallo Ralf,

jemandes Frau ist schwanger und bei einer Routine-Untersuchung innerhalb der ersten 3 Monate stellen die Eltern fest, dass das Kind Trisomie 21 hat.
abgesehen davon, daß man das so früh nicht bei einer Routineuntersuchung feststellt - was hat eine zufällige Genvariante (deren Wahrscheinlichkeit mit zunehmendem Alter beider Eltern steigt) mit verminderter Schwerkraft und nicht irdischen Umgebungsbedingungen, zur jetzigen Zeit beeinflussbar gemeinsam?

Und unabhängig davon, würde ich diesem Paar (denn dafür sind beide zuständig) keine und schon gar keine Fern-Empfehlung geben, sondern versuchen ihnen Familien vorzustellen, die den einen und die den anderen Weg, auch mit möglichen unterschieden bei der nachträglichen subjektiven Bewertung, gewählt haben, um ihnen die bestmögliche Unterstützung für solch eine Entscheidung zu geben. Denn am Ende müssen beide mit ihrer Entscheidung leben können und da gibt es kein Rezept, welches der 'leichtere' Weg ist.

Ich selber kenne Menschen die jeweils den Einen oder den Anderen Weg eingeschlagen haben. Bei dieser, zugegeben sehr begrenzten Erfahrung, sehe ich das mit großem Abstand größere Leid, bei denen die sich für eine Abtreibung entschieden haben, auch sehr viele Jahre danach noch.

Herzliche Grüße

MAC
 
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ralfkannenberg

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abgesehen davon, daß man das so früh nicht bei einer Routineuntersuchung feststellt
Hallo Mac,

vielleicht nicht bei einer Routineuntersuchung; feststellbar indes ist es so früh problemlos - man braucht ja nur die Chromosomen in einer Zelle des Embryos nachzuzählen.

Bei dieser, zugegeben sehr begrenzten Erfahrung, sehe ich das mit großem Abstand größere Leid, bei denen die sich für eine Abtreibung entschieden haben, auch sehr viele Jahre danach noch.
Ich auch. Zusätzlich stellt sich dabei aber auch zwangläufig die Frage, ob behinderte Menschen "weniger wert" sind.

Nun kann man sich beim Arzt ein Risikoprofil erstellen lassen und dann feststellen, wie hoch die Wahrscheinlichkeit ist, ein behinderte Kind zu bekommen, und sich dann sterilieren lassen, wenn einem diese Wahrscheinlichkeit zu hoch ist.

Auch das müssen potentielle Eltern selber entscheiden dürfen, d.h. ich bin der Meinung, dass man ihnen das in einer freien und menschenwürdigen Gesellschaft nicht vorschreiben darf. Und so ist es meines Erachtens auch mit Schwangerschaften auf dem Mars: auch das müssen die betroffenen Eltern selber entscheiden dürfen und darf ihnen nicht vorgeschrieben werden. Natürlich mit dem Zusatzrisiko, dass es wegen der geringeren Schwerkraft zu zusätzlichen Komplikationen kommen könnte.

Aber da die Entscheidungshoheit bei den potentiellen Eltern liegt, ist der Komplikationsfall also "erlaubt" und muss ihnen entsprechend im Komplikationsfall auch die Unterstützung aller anderer gewiss sein !


Freundliche Grüsse, Ralf
 
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