Supernova Ia: Vieles spricht für verschmelzende Weiße Zwerge

Bernhard

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Öhm. Tja. Und nun? :mad:
Man könnte eventuell die einzelnen Rechenschritte im Fließbach explizit nachrechnen. Ich glaube aber nicht, dass man da Rechenfehler finden wird. Es werden dort zusätzlich auch nichtrelativistische Formeln aus der newtonschen Mechanik verwendet, was Fehler bei hohen Geschwindigkeiten und damit im Endstadium der Verschmelzung bewirkt. Direkten Zugang zu den bekannten "Verschmelzungssimulationen" haben wir aber nicht, womit man vorerst auf den weiteren wissenschaftsinternen Austausch warten muss :eek: .
Gruß
 

DELTA3

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Hallo Bernhard,

danke für deine Berechnungen! Da bin ich dann auch ratlos... wie soll man sich dann die hohe Rate von "Verschmelzungen" von WZ erklären? Die Wissenschaftler sind doch auch nicht blöd, die müssen doch irgendeine Erklärung haben, die ihre Theorien untermauern. Irgendwie müssen die WZ doch Energie verlieren, um zu verschmelzen.

Zuerst hatte ich gedacht, dass der WZ während der Riesenphase des Partnersterns abgebremst wird. Aber dann müsste es ja durch die dabei stattfindende Akkretion wieder mehr Röntgenstrahlung geben.

Ratlose Grüsse, Delta3.

PS: Hier wurde die Verschmelzung simuliert:
 
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Schmidts Katze

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Hallo Bernhard,

Demnach ist ein System von zwei Weißen Zwergen mit einer Masse jeweils gleich dem der Sonne auf kreisförmigen Bahnen und im Abstand von nur 10 Sonnenradien über einen Zeitraum von mehr als 100 x Alter des Universums (13,6 Milliarden Jahre) stabil :confused: .
Grüße

wie würde sich ein System aus 3 WZ verhalten?

Da sollten doch in astronomisch kurzer Zeit 2 der WZ kollidieren?

Grüße
SK
 

Bernhard

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wie würde sich ein System aus 3 WZ verhalten?
Hallo SK,

ich würde mal vermuten, dass solche System statistisch gesehen eher selten sein sollten. Bei näherem Interesse kannst Du mal nach "relativistic N-body problem" googlen.

Momentan sieht es aber eh so aus, dass die Rechnung aus dem Fließbach wegen der nichtrelativistischen Näherungen mit Vorsicht anzuwenden sind.
Gruß
 

mac

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Hallo Bernhard,

der Löwenanteil der Zeit bis zur Verschmelzung sollte auf jeden Fall in Bereichen liegen, bei denen relativistische Effekte die gleiche Rolle spielen, wie bei einem Doppelstern. Erst wenn sich die beiden Körper so weit genähert haben, daß sie relativistische Geschwindigkeiten zueinander haben, sollte das zum Tragen kommen. Aber ab dann geht sowieso alles viel schneller, weil ja auch viel mehr Energie 'abgestrahlt' wird. Für die hiesige Frage sollte das also zunächst mal ohne größeren Einfluß sein.

Herzliche Grüße

MAC
 

Bernhard

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Für die hiesige Frage sollte das also zunächst mal ohne größeren Einfluß sein.
Hallo MAC,

die Rechnung aus dem Fließbach zeigt aber, dass selbst sehr enge Systeme aus zwei Weißen Zwergen ( r etwa gleich 10 * r_Sonne) praktisch unendlich stabil sind, bzw. in den üblichen kosmologischen Zeiträumen (< 13 Mrd. Jahre) nicht ineinander "spiralieren". Wünschenswert wäre also eine Erklärung dafür, wie sich so enge Systeme mit z.B. r < 5 * r_Sonne aus zwei Weißen Zwergen überhaupt erst bilden können, damit entsprechende Supernovae (Verschmelzung zweier Weißer Zwerge) überhaupt erst mal prinzipiell möglich werden.
Viele Grüße
 

DELTA3

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Hallo zusammen,

Demnach ist ein System von zwei Weißen Zwergen mit einer Masse jeweils gleich dem der Sonne auf kreisförmigen Bahnen und im Abstand von nur 10 Sonnenradien über einen Zeitraum von mehr als 100 x Alter des Universums (13,6 Milliarden Jahre) stabil .

in dem in meinem Post#22 verlinkten Artikel heisst es:

In einem Doppelsternsystem können gleich zwei dieser exotischen Weißen Zwerge entstehen. Während sie einander umkreisen, strahlen sie Gravitationswellen ab. Der daraus resultierende Energieverlust führt zu immer engeren Umlaufbahnen - bis sich die beiden Partner immer weiter annähern und schließlich miteinander verschmelzen.

Die nehmen also auch an, daß der Energieverlust durch Gravitationswellen erfolgt. Aber die in Garching können doch auch rechnen. Wenn die das in weniger als 13,6 Mrd Jahren für möglich, oder sogar für wahrscheinlich halten, dann stimmt vielleicht doch irgendwas an Bernhard's Berechnung nicht.

Die dargestellte Simulation zeigt allerdings nur die letzte Phase der Verschmelzung und in dem Bericht steht leider nichts darüber, wie lange die Annäherung dauern könnte.

Gruss, Delta3.
 

Bernhard

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Die dargestellte Simulation zeigt allerdings nur die letzte Phase der Verschmelzung und in dem Bericht steht leider nichts darüber, wie lange die Annäherung dauern könnte.
Genau das ist der Punkt. Sehr interessant wären die Simulationswerte für eine Annäherung von 10 Sonnenradien auf 5 Sonnenradien. Gemäß Fließbach sind das, wie gesagt, um die 10^13 Jahre.
Gruß
 

Ich

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Hi Bernhard,
man kann das gesuchte Ergebnis direkt bei T. Fließbachs Buch "Relativitätstheorie" in Kapitel 36 (Quellen der Gravitationsstrahlung) nachlesen. Demnach ist ein System von zwei Weißen Zwergen mit einer Masse jeweils gleich dem der Sonne auf kreisförmigen Bahnen und im Abstand von nur 10 Sonnenradien über einen Zeitraum von mehr als 100 x Alter des Universums (13,6 Milliarden Jahre) stabil :confused: .
Grüße
Wie macht Fließbach das? Ich hab mich vor einem halben Jahr mal mit der Thematik auseinandergesetzt und festgestellt, dass meist komische Abschätzungen verwendet werden und nicht die Lösung der DGL. In deinem Beispiel kriege ich 870 Mrd Jahre raus, passt das zum Fließbach?
 

Bernhard

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Hallo Ich,

Wie macht Fließbach das?
er nimmt für die Gesamtenergie (potentielle Energie + kinetische Energie) den Ausdruck aus dem newtonschen Zweikörperproblem. Dann leitet er einen genäherten Ausdruck für die gesamte Strahlungsleistung des Systems ab. Die Gesamtenergie nimmt dann über die Strahlungsleistung ab, was auf eine DGL 1. Ordnung führt:

[tex]\dot{r} = - \frac{k}{r^3}[/tex]

In deinem Beispiel kriege ich 870 Mrd Jahre raus, passt das zum Fließbach?
In etwa. Mit der Formel aus dem Fließbach bekommt man etwa 10.000 Mrd Jahre.
Gruß
 

mac

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Hallo Bernhard,

die Rechnung aus dem Fließbach zeigt aber, dass selbst sehr enge Systeme aus zwei Weißen Zwergen ( r etwa gleich 10 * r_Sonne) praktisch unendlich stabil sind,
Ja, das widerspricht meiner Aussage nicht. Ein solches System hat Umlaufgeschwindigkeiten im Bereich 200 km/s - weit weg von c, also auch weit weg von relativistischen Effekten.

Hab' ich das richtig verstanden, daß der, durch abgestrahlte Gravitationswellen schrumpfende Radius, mit 1/r^3 skaliert? Wenn ja, dann geht jede Halbierung des Radius acht mal schneller, als die vorhergehende Halbierung (nicht relativistisch gerechnet?).

Damit wir uns nicht mißverstehen - plausibel ist die hier berichtete Schlußfolgerung aus der unerwarteten Beobachtung, für mich auch nicht!

Herzliche Grüße

MAC
 
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mac

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Hallo,

ich hab' im Moment zu wenig Zeit dafür, aber als Idee: Wie gut kann ein weißer Zwerg mit seiner Strahlungsleistung (nahe am Ort des Geschehens) abgegebenes Gas vom Begleitstern so sehr erwärmen, daß es das System ausreichend schnell verläßt, um einen größeren gasarmen Bereich um ein solches System zu schaffen?

Herzliche Grüße

MAC
 

Bernhard

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Hab' ich das richtig verstanden, daß der, durch abgestrahlte Gravitationswellen schrumpfende Radius, mit 1/r^3 skaliert?
Hi MAC,

ich löse dazu einfach mal obige DGL:

[tex]\dot{r} = - \frac{k}{r^3}[/tex]

kann man auch als

[tex]\frac{dr}{dt} = - \frac{k}{r^3}[/tex]

bzw.

[tex]r^3dr = - kdt[/tex]

schreiben, wobei die letzte Zeile direkt zu

[tex]0.25\; r^4 = k (t_f-t)[/tex]

integriert werden kann.

Der Abstand zwischen den Weißen Zwergen verhält sich also gemäß:

[tex]r(t) = 4k (t_f-t)^{1/4}[/tex]

k ist dabei eine positive Konstante, die nur noch von den Naturkonstanten G und c und den Massen m1, m2 der zwei Weißen Zwerge abhängt. Der Zeitparameter läuft von t=0 bis t = t_f.
Gruß
 
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mac

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Hallo Bernhard,

alles schon etwas lange her und nie mehr gebraucht... :eek:

So ganz verstehe ich es aber immer noch nicht. Was ist t0? Und negativ darf der Ausdruck in der Klammer nicht werden?

Herzliche Grüße

MAC

EDIT Ich hatte die Änderungen in Deinem Post vorher nicht gesehen. So, ist's aber schon klarer. Danke!
 
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Ich

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Hi Bernhard,

[tex]r(t) = 4k (t_f-t)^{1/4}[/tex]
deckt sich auch mit meinem Ergebnis, dass die Bahnperiode mit -t^(3/8) geht. Dann haben wir bloß irgendwelche Faktoren unterschiedlich. Was kriegst du konkret raus für 2 Sonnenmassen mit 10 Sonnenradien Abstand?
 

Bernhard

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Was kriegst du konkret raus für 2 Sonnenmassen mit 10 Sonnenradien Abstand?
Hi Ich,

zuerst korrigiere ich dazu einen Flüchtigkeitsfehler mit den Klammern. Die korrekte Formel lautet dann:

[tex]r(t) = (4k (t_f-t))^{1/4}[/tex],

mit

[tex] k := \frac{64 G^3 M_1 M_2 (M_1 + M_2)}{5c^5}[/tex].

Bei t = 0 sollen die zwei Weißen Zwerge einen Abstand von 10 Sonnenradien (6,96e8 m) haben. Daraus kann man dann [tex]t_f[/tex] berechnen:

[tex]t_f = \frac{r_0^4}{4k} \approx 2,4e19 s[/tex]

und 2,4e19 Sekunden sind gerundet 760 Milliarden Jahre.
Beste Grüße
 

DELTA3

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Hallo Bernhard,

deine Berechnungen sind für meine laienhaften Kenntnisse zwar viel zu hoch, aber sehr eindrucksvoll! Da frage ich mich wirklich, wie die Wissenschaftler vom MPI in Garching begründen wollen, daß dieser Prozess so häufig vorkommt, daß darauf über 90% der SN1a zurückzuführen sein sollen.

Mir scheint, da hat man wohl die Entstehungsprozesse der SN1a noch nicht so richtig verstanden.

Ausserdem würde das ja alle Entfernungsberechnungen mittels SN1a in Frage stellen, da bei solchen Verschmelzungsprozessen die beteiligten Gesamtmassen in einem weiten Bereich variieren können und damit die abgegebene Strahlung sehr unterschiedlich sein müsste.

Gruss, Delta3.
 

Ich

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Danke Bernhard. Dann waren wir nicht so weit auseinander. Dummerweise bekomme ich heute aber was ganz anderes raus als gestern, da muss ich noch mal drüberschauen.

DELTA3 schrieb:
Da frage ich mich wirklich, wie die Wissenschaftler vom MPI in Garching begründen wollen, daß dieser Prozess so häufig vorkommt, daß darauf über 90% der SN1a zurückzuführen sein sollen.
Gravitationsstrahlung ist mit Sicherheit nicht der Mechanismus, der zwei Weiße Zwerge zum Verschmelzen bringt. Sie trägt vielleicht in der Endphase etwas bei.
 

Bernhard

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Dummerweise bekomme ich heute aber was ganz anderes raus als gestern, da muss ich noch mal drüberschauen.
Hi Ich,

ich bin eben beim Nachrechnen wegen meinen Angaben von oben auch nochmal etwas in's "Schleudern" gekommen:

...einen Abstand von 10 Sonnenradien (6,96e8 m) haben.

Die 6,96e8 m entsprechen dabei einem Sonnenradius. Das habe ich leider etwas zweideutig formuliert. Ist das vielleicht der Fehler? Ansonsten findet man meine oben angegebene Formel für [tex]t_f[/tex] in leicht abgewandelter Form auch im Fließbach.
Gruß
 
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Ich

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Die 6,96e8 m entsprechen dabei einem Sonnenradius. Das habe ich leider etwas zweideutig formuliert. Ist das vielleicht der Fehler?
ROFL. Und ich hab's noch dreimal nachgerechnet, dass das auch wirklich der Sonnenradius ist ... und dann als Abstand eingesetzt. Alt wird man.
 
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