Die Gezeiten-Venus

Bynaus

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Ich möchte hier eine kreative neue Idee vorstellen, die erklären könnte, warum Planeten um kleinere Sterne möglicherweise deutlich weniger bewohnbar sein könnten als man vermutet: Die "Gezeiten-Venus". Was muss man sich darunter vorstellen?

Gezeitenkräfte können einen Planeten stark aufheizen. Wir sehen das bei Io und Europa - und gerade bei Io muss man bedenken, dass dort nur mit 2 Watt pro Quadratmeter geheizt wird (bzw, der Mond wird durch Gezeitenkräfte so stark geheizt, dass ein Wärmefluss von 2 Watt pro Quadratmeter Oberfläche resultiert). Das ist aber immer noch deutlich weniger als die 50 Watt/Quadratmeter, die Io von der Sonne bekommt.

Nun sind aber Konstellationen denkbar, bei denen die Gezeiten-Heizung deutlich stärker ausfällt, etwa bei erdgrossen Planeten in der bewohnbaren Zone eines Roten Zwergs. Dies könnte - so die Idee - soweit gehen, dass diese zusätzliche Heizung einen eigentlich bewohnbaren Planeten in den Zustand des "durchgedrehten Treibhauseffekts" (Runaway Greenhouse) führt, wo der ganze Ozean verdampft und der Wasserdampf einen ungebremsten Treibhauseffekt auslöst, der schliesslich zum Verlust des Wassers und zur Transformation des Planeten in eine "Venus" führt. Für einen solchen Treibhauseffekt ist offenbar etwa eine Heizung von 300 Watt pro Quadratmeter nötig. Da Gezeitenkräfte mit der dritten oder vierten Potenz des Abstandes wirken, ist es durchaus denkbar, dass bei den sehr engen Bahnen, die Planeten in den bewohnbaren Zonen von Roten Zwergen aufweisen müssen, dieser Zustand eher normal ist.

Natürlich gibt es ein paar Fallstricke: z.B. ist nicht klar, ob die Gezeitenkraft mit geringerem Abstand einfach immer weiter ansteigt oder ob es ein Plateau gibt. Aber die Idee gefällt mir: sie ist kreativ, neu und erklärt möglicherweise ein altes Problem.

http://www.spaceref.com/news/viewsr.html?pid=39847
 
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Ich

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Das Problem damit ist, dass hohe Gezeitenleistungen den Planeten sehr bald in gebundene Rotation in einem runden Orbit bringen. Dann ist es aus mit Gezeitenheizung, und der Planet wird aus anderen Gründen unbewohnbar.
Für dauernde Heizung musst du mit einem zweiten Planeten die Umlaufbahn des ersten exzentrisch halten. Ich würde jetzt mal tippen, dass ein solcher Effekt erstens selten ist und zweitens viel eher einen zu kalten Planeten aufheizen als einen angenehm warmen überhitzen würde. Der Effekt skaliert ja mit dem Abstand, wäre als am ehesten bei Braunen Zwergen relevant. Bei Hauptreihensternen wäre man wohl sowieso schon zu nah an der Sonne, wenn der Effekt greifen soll.

EDIT: Ich hab den Artikel gar nicht gelesen. Wenn's drum geht, dass der Planet nur ganz anfänglich aufgeheizt wird, bin ich dabei. Das kann ich mir gut vorstellen.
 

Bynaus

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Ich würde jetzt mal tippen, dass ein solcher Effekt erstens selten ist und zweitens viel eher einen zu kalten Planeten aufheizen als einen angenehm warmen überhitzen würde.

Ich weiss nicht, wie selten das wirklich ist - schliesslich hat Kepler eine ganze Reihe von sehr kompakten Systemen gefunden, in denen sich die Planeten gegenseitig stark beeinflussen.

Bei Hauptreihensternen wäre man wohl sowieso schon zu nah an der Sonne, wenn der Effekt greifen soll.

Ich hab zwar nicht nachgerechnet und auch noch nicht im Originalpaper nachgesehen, aber gemäss dem verlinkten Artikel ist das bereits unterhalb von 0.3 Sonnenmassen möglich.

Wenn's drum geht, dass der Planet nur ganz anfänglich aufgeheizt wird, bin ich dabei. Das kann ich mir gut vorstellen.

Stimmt, so hab ichs noch gar nicht betrachtet - denn wenn das Wasser einmal weg ist, kommt es nicht zurück (bzw. auch mit neuem Wasser verwandelt sich eine Venus nicht in eine Erde zurück).

Ich hab oben übrigens im Eingangspost einen Fehler gemacht: 300 Watt pro Quadratmeter ist die totale Heizung (also Sternlicht + Gezeitenkräfte), nicht die zusätzliche.
 

Frankie

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Interessante Idee.

Man sollte aber auch noch die Mindestmasse eines Planeten bestimmen, ab dem die Gezeitenheizung überhaupt eintritt, oder?
Ich denke mir, daß die erst wirksam wird ab einer bestimmten Masse... ohne daß jetzt im Einzelnen begründen zu können.

Grüße,
Frankie
 

Bynaus

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@Frankie: Gezeitenreibung gibts schon ab winzigen Massen. Siehe z.B. Kometen, die nach einem nachen Vorbeiflug am Jupiter oder der Sonne zerbrechen, oder die Helligkeitsveränderungen, die Asteroiden nach nahen Vorbeiflügen an Planeten erfahren (wohl weil ihr "Weltraumwetter"-gegerbter, dunkler Regolith neu geschüttelt wird und durch hellen Staub ersetzt wird). Oder man denke an Enceladus, der trotz gerade mal 400 km Durchmesser Gezeitenphänomene zeigt. Jetzt muss ich dann doch mal noch das Paper lesen...
 

TomTom333

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Moin,

Punkt 1... der Link funzt erst nach einer super langen Ladezeit!

2. Kepler hat die Kompakten Systeme gefunden, weil er erst knapp 3 Jahre sucht. Lass ihr weiter suchen und das Resultat wird sich prozentual verschieben. Da bin ich mir sicher.

3. Die Autoren schreiben selber, das sie es nur für einen Stern mit einem Planeten bedacht haben... alles andere ist "noch" Spekulation!

4. und für mich der WICHTIGSTE Punkt: Wir legen doch die HZ fest! Sie besagt doch, dass Wasser stabil in flüssiger Form auf dem Planeten vorkommt. Nehmen wir an wir haben einen roten Zwerg und dessen HZ ist in 0,1 - 0,2 AU (ohne diesen Effekt) Mit der Erwärmung ist die HZ dann eben bei 0,15 - 0,25 AU !!!!! Wo ist das Problem??? Wenn der Planet bei 0,2 Au seine Runden dreht

5. Du sagst : Wenn das Wasser einmal weg ist........... Warum sollte es weg sein? Wir Wissen doch gar nicht ob die Venus so ihr Wasser verloren hat. Hatte sie überhaupt mal so viel? Wenn der Planet im richtigen Abstand um seinen Stern kreist, ist es der richtige Abstand. Egal welche Mechanismen ihn heizen bzw. kühlen. ist der Planet im richtigen Abstand, spaltet sich auch nicht das Wasser.
 
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TomTom333

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Noch ein Zitat aus dem original Text aus dem Astrobiology Magazin:

....Barnes noted that more work needed to be done analyzing how the effects of tidal heating might actually manifest themselves. "In our solar system, the largest amount of tidal heating is with Jupiter's moon Io, which experiences 2 watts per square meter on its surface," Barnes said. "We're trying to see if tidal heating can generate 300 watts per square meter on a planet's surface, and it's still unclear if planets will actually behave this way — maybe there's a saturation point where tidal heating can't reach tidal Venus levels. Planets are complicated beasts, and it's not always obvious how they will act." ..........

Wir raten weiter......

Nachtrag: zum angesprochenen Paper geht es übrigens hier :
http://www.astro.washington.edu/users/rory/publications/bjgr09.pdf
 
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Bynaus

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3. Die Autoren schreiben selber, das sie es nur für einen Stern mit einem Planeten bedacht haben... alles andere ist "noch" Spekulation!

Ja, und das ist ein Hinweis darauf, dass Ich ganz richtig lag mit seinem Nachtrag: es geht nur um die anfängliche Heizung.

und für mich der WICHTIGSTE Punkt: Wir legen doch die HZ fest! Sie besagt doch, dass Wasser stabil in flüssiger Form auf dem Planeten vorkommt. Nehmen wir an wir haben einen roten Zwerg und dessen HZ ist in 0,1 - 0,2 AU (ohne diesen Effekt) Mit der Erwärmung ist die HZ dann eben bei 0,15 - 0,25 AU !!!!! Wo ist das Problem??? Wenn der Planet bei 0,2 Au seine Runden dreht

Nein, eben nicht. Weil die Gezeitenkräfte schneller mit der Entfernung abfallen als die Einstrahlungsleistung des Sterns, verschiebt sich das ganze nicht - sondern die inneren und äusseren Grenzen der HZ verschieben sich relativ zueinander, bis zu dem Punkt, wo es keine HZ mehr gibt. Stell es dir so vor (mit beliebigen Zahlen, nur um das Prinzip zu verdeutlichen): Wenn die HZ von 0.1 bis 0.2 AU geht, aber jeder Planet, der näher als 0.15 AU am Stern dran ist, sein Wasser verliert, geht sie nun von 0.15 bis 0.2 AU. Nun kommt dein Effekt - aber weil die Gezeitenkräfte schneller mit der Distanz abfallen als das Licht, verschiebt es die äussere Grenze nur bis 0.22 AU. Nun geht sie also von 0.15 bis 0.22 AU. Je kleiner der Stern ist, desto stärker schnürt die Gezeitenwirkung die HZ zusammen, bis sie schliesslich verschwindet (weil bei noch kleineren Sternen an der Stelle, wo die Gezeitenkräfte irrelevant wären, die Strahlung zu hoch ist).

Wenn das Wasser einmal weg ist........... Warum sollte es weg sein? Wir Wissen doch gar nicht ob die Venus so ihr Wasser verloren hat. Hatte sie überhaupt mal so viel?

Die Venus hatte mal mehr Wasser (ca. äquivalent zu einem 100 m tiefen Ozean, von den Wasserstoffisotopen her gerechnet), aber wir wissen nicht genau, wieviel mehr (weil die Wasserstoffisotopenverhältnisse nur einen von mehreren denkbaren Verlustprozessen dokumentieren). Wenn die Venus aber einmal einen Ozean hatte, hat sie ihn sicher letztlich durch den Runaway Greenhouse Effect verloren. Das würde übrigens auch bei der Erde geschehen, wenn wir nur genügend Wasserdampf in die Atmosphäre pumpen würden (die Tropen befinden sich bereits im Runaway Greenhouse Zustand).

Danke für den Link zum Paper!
 

TomTom333

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...... Nun geht sie also von 0.15 bis 0.22 AU. Je kleiner der Stern ist, desto ....

Danke für den Link zum Paper!

Bitte keine Ursache!

Und was macht das nun wenn der Planet bei 0,2 AU ist???
Er liegt mit als auch ohne voll drin! OK, es könnte sein das der Bereich von Hz auf ITHZ kleiner wird. Könnte!
Aber es spielen auch bestimmt noch viel mehr Faktoren eine Rolle. z. B. Anteil von Wasser in der Atmosphäre, Albedo, Flares, Druck, Wolken, ect.

Aber noch mal : liegt er drin, ist er drin und dann ist Wasser auch stabil! ... und bleibt es hoffentlich auch....

Und wenn "Ich" sagt Anfänglich dann stellt sich mir weiter die Frage ab wann es für Leben auf einem Planeten gelten darf. Oder besser gefragt :
Bis wann?......... wie lange wirken diese Gezeiten und die Planeten stabilisieren sich???....... Wann traten bei uns die Mehrzeller auf?
 
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Bynaus

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Er liegt mit als auch ohne voll drin! OK, es könnte sein das der Bereich von Hz auf ITHZ kleiner wird. Könnte!

Nun, wenn dieser Effekt tatsächlich so wichtig ist und funktionieren kann, wie diese Autoren glauben, dann ist es definitiv so, dass er die die HZ von kleinen Sternen radikal zusammenschnürt, auf Null teilweise.

Aber es spielen auch bestimmt noch viel mehr Faktoren eine Rolle. z. B. Anteil von Wasser in der Atmosphäre, Albedo, Flares, Druck, Wolken, ect.

Sicher - aber das sind Probleme in der Definition der HZ an sich. Mit den Gezeiten hat das nichts zu tun - diese sorgen bloss dafür, dass man für kleine Sterne noch einen weiteren Faktor beachten muss.

Aber noch mal : liegt er drin, ist er drin und dann ist Wasser auch stabil! ... und bleibt es hoffentlich auch....

Der Punkt ist aber: wenn diese Gezeitenerklärung tatsächlich so funktioniert, dann muss die HZ für kleine Sterne diesen Effekt berücksichtigen, womit er dann eben plötzlich nicht mehr "drin" sein kann, auch wenn er ursprünglich (ohne Berücksichtigung der Gezeiteneffekte) drin gewesen wäre. Es ist ein neuer Faktor, und man sollte ihn wohl berücksichtigen. Denn dem Wasser ist es egal, ob Menschen jetzt der Meinung sind, der Planet sei nun in der HZ oder nicht - es verdampft, wenn die Eintragsleistung - egal woher sie kommt - zu hoch wird.
 

TomTom333

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Der Punkt ist aber: wenn diese Gezeitenerklärung tatsächlich so funktioniert, dann muss die HZ für kleine Sterne diesen Effekt berücksichtigen, womit er dann eben plötzlich nicht mehr "drin" sein kann, auch wenn er ursprünglich (ohne Berücksichtigung der Gezeiteneffekte) drin gewesen wäre. Es ist ein neuer Faktor, und man sollte ihn wohl berücksichtigen. Denn dem Wasser ist es egal, ob Menschen jetzt der Meinung sind, der Planet sei nun in der HZ oder nicht - es verdampft, wenn die Eintragsleistung - egal woher sie kommt - zu hoch wird.

Da gebe ich dir Vollkommen Recht. Und was ich auf die schnelle nicht Bedacht habe : Wenn das Wasser einmal gespalten ist, das ist es gespalten und futsch sind die Ozeane .........

Also ein weiterer Faktor in der "Drake-Gleichung".... wenn ihr versteht was ich sagen will :cool:
 

Bynaus

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Also ein weiterer Faktor in der "Drake-Gleichung"...

Ja, wobei man es auch einfach als ein grösseres Wissen um den Faktor NP(HZ) sehen könnte, also die Anzahl Planeten in der bewohnbaren Zone.

Interessant aus meiner Sicht ist das vor allem, weil es einen plausiblen Ausweg aus dem Rote-Zwergsterne Paradox bietet. Dabei gesellt sich die "Gezeiten-Venus" zur Frage, welche Rolle die Neigung der Rotationsachse spielt (im Nachbarthread) - beide haben offenbar mit Gezeiten zu tun. So, jetzt sollte ich vielleicht das Paper mal noch lesen... :)
 

Alex74

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Das Problem damit ist, dass hohe Gezeitenleistungen den Planeten sehr bald in gebundene Rotation in einem runden Orbit bringen. Dann ist es aus mit Gezeitenheizung, und der Planet wird aus anderen Gründen unbewohnbar.
Das ist nicht ganz richtig; Io und Europa sind auch längst synchronisiert. Die Gezeitenreibung entsteht hier auch nicht durch die Drehung sondern durch den Umstand daß deren Orbit kein exakter Kreis ist. Und das wird bei praktisch jedem denkbaren Planeten auch so sein, erst recht wenn evtl. noch etwas weiter außen ein Gasriese das verhindert.

Gruß Alex
 

Bynaus

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@TomTom333: Das Paper das du verlinkt hast, kommt aus 2009 und behandelt ganz allgemein die THZ (tidal habitable zone), die Sache mit der "Gezeiten-Venus" ist etwas neueres, wozu es offenbar (noch?) keine Publikation gibt (es wurde einfach an einer Konferenz vorgestellt).

@Frankie: Wie es scheint, hattest du insofern recht, dass die Grösse des Planeten bzw. seine Masse (oder seine Dichte) schon eine Rolle bei der Gezeitenreibung spielt, dh, die THZ hängt von der Masse des Planeten ab, was natürlich auch die Dinge komplizierter macht.

Alex74 schrieb:
Und das wird bei praktisch jedem denkbaren Planeten auch so sein, erst recht wenn evtl. noch etwas weiter außen ein Gasriese das verhindert.

Die Gezeitenreibung würde eigentlich die Bahn völlig zirkularisieren. Wenn Io ganz ohne die anderen Monde um Jupiter kreisen würde, wäre er kalt und starr. Aber diese anderen Monde befinden sich in einer Resonanz, ziehen also immer wieder an Io und machen dessen Orbit ein wenig elliptisch - was Jupiter dann wieder korrigiert und Io dabei so stark aufheizt.
 

Ich

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Hi Alex,

Das ist nicht ganz richtig; Io und Europa sind auch längst synchronisiert. Die Gezeitenreibung entsteht hier auch nicht durch die Drehung sondern durch den Umstand daß deren Orbit kein exakter Kreis ist. Und das wird bei praktisch jedem denkbaren Planeten auch so sein, erst recht wenn evtl. noch etwas weiter außen ein Gasriese das verhindert.
Ich glaube, dass ich genau das gesagt habe. Du hast vielleicht das "in einem runden Orbit" überlesen?
 

mac

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Hallo Bynaus,

ich bin mir noch nicht sicher, ob ich bei meiner Rechnung noch irgendwelche Fehler eingebaut habe, aber auf die Erde bezogen, würde eine Abbremsung durch Gezeitenreibung, die zu zusätzlichen 300 W/m^2 Abstrahlleistung führt, den derzeitigen Drehimpuls der Erde innerhalb von 45000 Jahren umwandeln.

Die Rotationsenergie habe ich errechnet mit einer Reihe von Kugelschalen, deren Dichte und damit Masse, ich dem Verlauf der Kurve in http://de.wikipedia.org/wiki/Innerer_Aufbau_der_Erde#Aufbau_der_Erde entnommen habe.

Plausibilitätskontrolle dazu: Als Summe der Massen aller Schalen erhalte ich damit 5,961E24 kg.



Für das Massenträgheitsmoment von Kugelschalen habe ich verwendet:

Jsp = 2/5 * Masse der Schale * (Außenradius^5 – Innenradius^5)/(Außenradius^3 – Innenradius^3)

aus: http://matheplanet.com/matheplanet/nuke/html/article.php?sid=851

Die Summe aller so gewonnenen Trägheitsmomente beträgt bei mir 8,3E37 kg*m^2. Und die jeweiligen Rotationsenergien aufsummiert, ergeben bei mir eine Rotationsenergie von 2,21E29 Joule für die gesamte Erde.

Zur Plausibilität erhalte ich bei einer homogenen Massenverteilung in der Erde, eine Rotationsenergie von 2,58E29 J

mit dem Radius 6367500 m
und der Masse 5,974E24 kg
Als Omega der Erdrotation verwende ich 7,292E-5 rad/s

Daß die Erde keine Kugel ist, weiß ich, hab' ich aber für diese Rechnung nicht berücksichtigt.

Bei einer Erdoberfläche von 5,1E14 m^2 a 300 Watt Abstrahlleistung, würde die Erde pro Tag

86400 * 5,1E14 * 300 = 1,31E22 Wattsekunden abstrahlen.
Nach 365,25 * 45000 Tage lang, wären das 2,17E29 Joule

Ich kann mir nicht vorstellen, daß diese, dann vielleich 180000 Jahre (bei halber Rotationszeit) oder meinetwegen auch 3.600.000 Jahre, bei 6 Stunden pro Tag, im sowieso stattfindenden Abkühlprozess über millionen Jahre, irgend einen nennenswerten Einfluß hätten.

Tut mir leid, denn beim ersten Lesen dachte ich auch, daß da vielleicht was dran sein könnte.

Herzliche Grüße

MAC

EDIT: Ich sehe gerade in meinen Unterlagen, daß ich beim Omega den Faktor 2Pi weggelassen habe.

EDIT 2: Inzwischen habe ich alle Zahlenangaben im Text korrigiert.
 
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Bynaus

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Hallo mac, Ich hab deine Rechnung jetzt nicht im Detail nachgerechnet, aber ich glaube dir gerne, dass das so stimmt. Du machst allerdings zwei Denkfehler (denke ich :) ).

Der erste ist jener, den ich zuerst (siehe Korrektur des Eingangspost) auch gemacht hatte. Gemeint ist nicht, dass die Gezeitenreibung selbst 300 Watt pro Quadratmeter liefert. Gemeint ist, dass die Gezeitenreibung den Planeten über die Schwelle des durchgedrehten Treibhauseffektes schubst.
Die Erde hat zur Zeit eine Eintragsleistung von ca. 1367 * (1-0.3) / 4 = 240 Watt pro Quadratmeter. Das heisst, es wären hier "nur" 60 Watt pro Quadratmeter zusätzlich nötig. Das verlängert die Zeiten, die du genannt hast, um den Faktor 5, womit wir schon bei 18 Mio Jahren wären, eine Zeit, die durchaus relevant für den durchgedrehten Treibhauseffekt sein kann.

Der zweite von mir vermutete (vermutet weil: ich kenne das Paper nicht, bzw. die Argumentation die an der Konferenz verwendet wurde) Denkfehler hat damit zu tun, dass die Quelle für die 300 Watt nicht (allein?) die in der Rotation gespeicherte Energie sein muss. Die Rotation wird ohnehin sehr rasch gebunden sein. Eine zusätzliche Quelle der Energie dürfte der anfänglich exzentrische Orbit des Planeten sein (analog zu Io), bzw. in letzter Instanz die Bahnenergie des äusseren Planeten, der die Bahn des geheizten Planeten exzentrisch macht.
 

TomTom333

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@TomTom333: Das Paper das du verlinkt hast, kommt aus 2009 und behandelt ganz allgemein die THZ (tidal habitable zone), die Sache mit der "Gezeiten-Venus" ist etwas neueres, wozu es offenbar (noch?) keine Publikation gibt (es wurde einfach an einer Konferenz vorgestellt).

Also wenn ich bei arxiv unter Rory Barnes 2011 und 2012 suche kommt das hier:

http://arxiv.org/ftp/arxiv/papers/1108/1108.4347.pdf

Es ist das einzige was er in dieser Zeit dort verfasst hat. Gebe ich keine Zeitangabe an, hat er schon viel zu diesem Thema verfasst.

Bei dem jetzt verlinktem Dokument steige ich aber auf S 3 unter Kapitel 3 durch die Rechnung nicht durch. Muss ich noch mal in einer ruhigen Minute versuchen zu verstehen........ :eek:
 

mac

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Hallo Bynaus,

Denkfehler – ja, kann durchaus sein, zumal ich fast nichts über die zeitliche Entwicklung der irdischen Wasser und Gashülle weiß. Der Ablauf ist auch nicht so ganz einfach. Bei der Erde soll es gut 300 Millionen Jahre gedauert haben, bis ihre Oberfläche auf 100°C abgekühlt war. http://www.planet-wissen.de/natur_technik/weltall/entstehung_des_lebens/abkuehlung.jsp
Migration spielt wohl auch eine Rolle. Hier könnte diese kurze, wärmere Phase sogar von Vorteil sein. Wie viel länger, als diese 3E8 Jahre dauert es eigentlich, bis eine gebundene Rotation bei wenigen Tagen Umlaufzeit etabliert ist? Rein linear wird man das, glaube ich, wohl nicht rechnen können?

So ganz einleuchten will mir Dein Szenario noch immer nicht. Du brauchst dafür offensichtlich eine Atmosphäre, die sich auf diese weise ‚schubsen‘ läßt. Die gab es auf der Erde anscheinend auch nach 3E8 Jahren noch nicht, oder 100°C Durchschnittstemperatur reichten dafür immer noch nicht.

Herzliche Grüße

MAC
 
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